Gesundheit Bamberg - Frühling 2018

34 Interview mit Enthusiasmus Spurensucherin. Prof. Dr. Marianne Pavel erforscht neuroendokrine Tumoren (NET). Die seltenen Erkrankungen ganz zu verstehen, wäre ein Meilenstein in der Onkologie. Professor Pavel, was sind NET? Neuroendokrine Tumoren sind selten, aber zunehmend. Sie können bös-, aber auch gutartig sein. NET wachsen häufig langsa - mer als andere Krebsarten, meist im Ver- dauungstrakt oder in der Lunge, und wer- den oft erst spät festgestellt. Typische Krebssymptome wie Gewichtsverlust, Fie- ber oder Nachtschweiß fehlen in der Regel. Neuroendokrin bedeutet: Diese Tumoren sind beschaffen wie Nervenzellen. Und: Sie haben endokrine Eigenschaften, das heißt: Sie können Botenstoffe bilden und diese auch ins Blut abgeben. Haben Sie dafür ein Beispiel? Ein neuroendokriner Tumor in der Bauch- speicheldrüse zum Beispiel, der zu viel Insu- lin produziert, kann zu einer wiederkehren- den Unterzuckerung führen, bis zum Unter- zuckerungsschock. Ein NET im Dünndarm, der Serotonin ausschüttet, ruft Durchfälle hervor oder eine Herzerkrankung. Ein ande- res Symptom ist der Flush – das anfallsarti- ge Erröten, zum Beispiel nach dem Konsum bestimmter Nahrungsmittel oder bei Stress. Bösartige NET sind also zum einen schädliche Tumoren und zusätzlich er- zeugen sie hormonbedingte Symptome? Genau. Wir haben hier quasi eine doppelte Herausforderung: den Tumor und die unspe- zifischen Begleitsymptome durch seine Hor - monproduktion. Die erwähnten Durchfälle oder der rote Kopf sind solche Symptome, die man oft nicht sofort mit Krebs in Verbin- dung bringt. Hormonell aktiv sind allerdings nur 20 bis 30 Prozent aller NET. Die restli- chen geben gar keine Botenstoffe ins Blut ab, sie haben nur die Veranlagung dazu. Die hormoninaktiven Tumoren machen also nicht wirklich auf sich aufmerksam. Wir ent- decken sie eigentlich nur, wenn der Tumor zum Beispiel blutet oder Metastasen gebil- det hat. Oft sind NET auch Zufallsbefunde. Nach intensiven Forschungsjahren an der Charité – Univer - sitätsmedizin Berlin will Prof. Pavel an der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterolo- gie, Pneumologie und Endokrinologie des Uni-Klinikums Erlan- gen ein Exzellenz- zentrum aufbauen. Endokrinologie

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