Gesundheit Bamberg - Frühling 2018
35 Interview „Wir stellen uns hier mit Enthusiasmus für diese seltene Erkrankung auf.“ Worauf kommt es bei der Diagnose und bei der Behandlung an? Die NET-Therapie erfordert ein spezielles Zen- trum, wie wir es am Uni-Klinikum Erlangen auf- bauen. Nur die frühzeitige Diagnose kann eine potenzielle Heilung ermöglichen. Von Vorteil ist es, wenn der Tumor lokal begrenzt ist und noch nicht gestreut hat. Ein erfahrener Pathologe kann bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Färbemethoden am Gewebe bestätigen die Di- agnose. Doch nur akkurates Auszählen der sich teilenden Zellen ermöglicht eine Einschätzung der Prognose, die essenziell ist für die Thera- pieentscheidung. Steht die Diagnose NET fest, ist die chirurgische Entfernung die einzige Chance auf Heilung. Wir setzen auch Medika - mente und Chemotherapeutika ein. Diese kön - nen einen NET aber nur verkleinern oder in Schach halten, nicht heilen. Wie lange warten Patienten durchschnitt- lich auf die Diagnose? Oft werden NET mit einem Reizdarmsyndrom verwechselt, mit der Menopause oder psycho- somatischen Erkrankungen verbunden. Das liegt zum einen daran, dass Betroffene nicht bei Spezialisten landen, zum anderen daran, dass natürlich viele Symptome sehr unspezi- fisch sind. Im Durchschnitt dauert es fünf Jahre, bis die Diagnose gestellt ist. Die Diagnostik hat sich aber verbessert? Ja. Wir haben heute eine viel bessere Diagnos- tik und weniger Fehldiagnosen, vor allem durch präzisere pathologische Untersuchungen, aber auch durch moderne Bildgebung wie die Posi- tronenemissionstomografie. Man muss die NET natürlich im Hinterkopf haben und ihre Kardi- nalsymptome kennen. Denn genauso haben Frauen in den Wechseljahren einen roten Kopf oder Patienten, die Blutdrucksenker einneh- men. Ein Biomarker im Blut gibt uns aber Klar- heit. Wir müssen ihn nur bestimmen. Welche neuen Therapien gibt es? Indem wir ein molekulares Profil des Tumors er - stellen, können wir heute zehn bis zwanzig Pro- zent der Patienten eine neue zielgerichtete The- rapie anbieten – auch denjenigen, die schon alle Therapien erhalten haben. Wir können na- türlich Medikamente geben, die am Markt zu- gelassen sind. Im Rahmen von Studien evaluie- ren wir aber auch neue Wege, etwa die Immun- therapie. Ich möchte Patienten eine Behand- lung zur Verfügung stellen, wenn die Standard- therapien ausgeschöpft sind. Was ist Ihr großes Ziel? Das Ziel muss sein, die Tumorbiologie besser zu verstehen – zugunsten der gesamten Onkolo- gie. Warum wachsen einige Tumoren langsam, andere schnell? NET sind ein exzellentes Modell dafür, zu verstehen, wie ein Tumor kontrolliert werden kann. Dazu tragen wir mit unserer Grundlagenforschung bei. Wie sind Sie in Erlangen aufgestellt? Wir haben ein exzellentes Tumorboard, u. a. mit Endokrinologen, Chirurgen, Radiologen, Nukle - armedizinern sowie Vertretern der Pathologie und Strahlentherapie. Wir stellen uns gemein- sam mit Enthusiasmus für die Behandlung der NET auf. Dazu trägt auch unsere gemeinsame Forschung bei. fm Vielen Dank für das Gespräch!
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