Gesundheit Bamberg - Sommer 2018

10 Titel Fortsetzung von Seite 9 Für viele Schmerzpatienten ist es frus- trierend, wenn sie von ihrem Arzt keine „handfeste“ Ursache für ihre Rückenbe- schwerden erfahren. Eine MRT-Untersu- chung wird erst dann empfohlen, wenn nach sechs Wochen leitliniengemäßer The- rapie noch immer keine Besserung einge- treten ist. Bilder ohne Befund „Das MRT-Bild kann aber auch bei starken Schmerzen total unauffällig sein“, sagt PD Seifert. „Auf der anderen Seite haben 80 Prozent der Menschen ohne Rücken- schmerzen trotzdem degenerative Verän- derungen der Wirbelsäule, zum Beispiel Vorwölbungen der Bandscheiben, selten sogar Bandscheibenvorfälle, bei denen der Gallertkern des ‚Stoßdämpfers‘ durch den ihn umschließenden Faserring nach außen tritt.“ Dass die stoßdämpfenden Band- scheiben an Flüssigkeit und damit an Volu- men und Elastizität verlieren und sich Wir- belgelenke mit zunehmendem Alter abnut- zen, ist normal. „Verschleiß ist aber keine Krankheit und führt eben nicht zwangsläu- fig zu Schmerzen“, erklärt Frank Seifert. Entscheidend ist hier die Kommunikation des Arztes, der die degenerativen Verände- rungen feststellt. „Ihre Wirbelsäule sieht ja schlimm aus!“ ist eine denkbar schlechte Botschaft. Besser wäre eine Aussage wie: „Ihre Bandscheibe hat zwar eine leichte Vorwölbung, das ist aber in Ihrem Alter nor- mal und erst einmal nichts Ernstes.“ – Ge - folgt von Hinweisen dazu, wie der Patient seine Rückenschmerzen aktiv in den Griff bekommen kann. Platz 1: Lendenwirbelsäule Über 70 Prozent der nicht-spezifischen Rü - ckenschmerzen treten im Lendenwirbelbe- reich auf, gefolgt von Nacken- und Schulter - schmerzen. Halten die Beschwerden länger als vier Wochen an, besteht die Gefahr, dass sie chronisch werden. Bei einer Chroni- fizierung wird der Schmerz „multidimen- sional“. PD Seifert erklärt: „Der Betroffene bekommt zum Beispiel Angst, dass es et- was Gravierendes ist, was nicht mehr bes- ser wird. Seine ganze Aufmerksamkeit kon - zentriert sich auf den Schmerz. Es können Depressivität und Katastrophendenken da- zukommen, bis dahin, dass der Patient sein ganzes Verhalten ändert, sich weniger be- wegt, keinen Sport mehr treibt und sich so - zial zurückzieht.“ So beginnt ein biopsychosozialer Schmerz - kreislauf: Durch Schmerz und Angst ent - steht muskuläre Anspannung, die Schmer - zen verschlimmern sich und der Betroffene nimmt eine Schonhaltung ein, die wie- derum negative Folgen hat. Menschen mit chronischen, oft jahrelangen Rücken- schmerzen wird im Schmerzzentrum des 90% nicht-spezifischer Kreuzschmerz 10% spezifischer Kreuzschmerz 73% Schmerzen der Lendenwirbel- säule Nicht-spezifischer Kreuzschmerz: Meist sind nicht die Strukturen des Rückens gestört, sondern nur seine Funktion. Keine Bildgebung und kein Laborwert kann diesen nicht-spezifi - schen Rücken- schmerz nachweisen.

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