Gesundheit Bamberg - Frühling 2019

35 Interview verfestigt es unter anderem durch Schreib- übungen. Anschließend hat man beim Blick auf sich eine durchweg rosarote Brille auf. Das ist nicht abwertend gemeint, im Gegen- teil: Unsere Tests mit Versuchspersonen zeigten, dass diese sich aufgrund dieser be- wusst einseitigen optimistischen Einstel- lung ausschließlich auf positive Dinge kon- zentrierten und gar keine Lust hatten, Ne- gatives wahrzunehmen. Genau so kann ich meinen Fokus vom Schmerz wegbewegen, und damit geht es mir erst einmal besser. Funktioniert diese positive Fokussie- rung nur bei kurzzeitigem Schmerz oder ist die Methode auch bei chronischen Schmerzen anwendbar? Bei akutem Schmerz kann die Defokussie- rung der Aufmerksamkeit Berge versetzen. Der Schmerz ist ja nicht im Muskel, sondern im Gehirn, und dieses lässt sich leicht vom Schmerz ablenken. Für kurze Zeit funktio- niert das wunderbar. Je länger ein Schmerz aber anhält, desto schwieriger wird es. Und welche Resilienzfaktoren sind dann beim Umgang mit chronischen Schmerzen hilfreich? Gerade bei chronischen Schmerzen ist es wichtig, die Stärken eines Menschen zu nut- zen. Lasse ich diese außen vor und konzen- triere mich nur auf die Behandlung der Schmerzen, mache ich den Betroffenen hilf- los. Lasse ich ihn jedoch seine Resilienzfä- higkeiten gezielt einsetzen, ist er dem Schmerz gegenüber handlungsfähig und aktiv. Dazu ist eine optimistische Grundhal- tung erst einmal hilfreich. Dauern die Schmerzen länger an, ist jedoch eher Ak- zeptanz gefordert, denn: Nach Jahren mit einem Schmerz kann das Ziel nicht länger „Schmerzfreiheit“ heißen. Das Annehmen des Schmerzes ist ein wichtiger Resilienz- faktor, um ihm aktiv begegnen zu können. Was ist die richtige innere Haltung zum Umgang mit Schmerzen? Entscheidend ist, dass unser Schmerzsys- tem nicht überfordert wird, sondern dass noch ein kontrolliertes Schmerzerleben möglich ist, bei dem wir uns handlungsfähig fühlen. Das ist allerdings von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Grundsätzlich ist es hilfreich, alles zu vermeiden, was uns in Richtung Depression bewegt. Hier greift wieder unser persönlicher Optimismus und der Versuch, das innere Ungerechtigkeits- empfinden durch Akzeptanz zu ersetzen. Wichtig ist auch, dass wir uns aktiv eine po- sitive soziale Umwelt schaffen, die uns beim Umgang mit dem Schmerz unterstützt. keb Aktueller Veranstaltungstipp Vortrag: „Resilienz – das Geheimnis der psychi- schen Widerstandskraft“ am Montag, 11. März 2019, 19.30–21.00 Uhr, Altes Rathaus, Hauptstra- ße 10 in Gundelsheim, Anmeldung unter Tel.: 0951 40728903, Eintritt: 3 Euro Mit psy- chischer Stärke und dem Glau- ben an sich selbst kann man Schmer- zen aktiv begegnen.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw