Gesundheit Bamberg - Herbst 2019
35 Medizin-Report Prof. Dr. Hajo Hamer darf den Hirntod eines Menschen attestieren. Er arbeitet unabhängig von den Transplanta- tionsbeauftragten und den Transplanteuren. das Gehirn jemals wieder erholt und der Pati- ent wieder aufwacht.“ Auch die meisten Mit- glieder des Deutschen Ethikrates teilen die Ansicht, dass der Hirntod den Tod des Men- schen bedeutet. Eine Minderheit im Deutschen Ethikrat setzt den Hirntod zwar nicht mit dem Tod gleich, akzeptiert ihn aber dennoch als entscheidendes Kriterium für eine Organent- nahme. „Aus ärztlicher Sicht ist der Hirntod der Tod des Menschen.“ „Es ist für Angehörige sehr schwer zu verste- hen“, räumt Hajo Hamer ein. „Der Hirntote liegt warm und rosig da, dank des Beatmungsgerä- tes hebt und senkt sich sein Brustkorb, sein Herz schlägt. Trotzdem ist er tot. Ohne Beat- mung würde sein Herz-Kreislauf-System sofort zum Stillstand kommen.“ Der Neurologe kennt die Ängste rund um die Organentnahme: „Wird ein Patient für hirntot erklärt, dann passiert das nicht, weil wir einen Organspender ‚produzieren‘ wollen. Sondern es geschieht aus Respekt gegenüber dem Pa- tienten und seinen Angehörigen.“ Zwei erfahre- ne Fachärzte, darunter immer ein Neurologe oder ein Neurochirurg, müssen den Hirntod feststellen. Dazu machen sie eine detaillierte klinische Untersuchung und prüfen mittels EEG und anderer bildgebender Verfahren, ob das Gehirn noch Aktivität zeigt. Mit dem weiteren Prozess einer möglichen Organspende haben die beiden Mediziner dann nichts mehr zu tun. „Wird ein Patient für hirntot erklärt, dann passiert das nicht, weil wir einen Organspender ‚produzieren‘ wollen.“ Für alle sechs Intensivstationen des Uni-Klini- kums Erlangen gibt es Transplantationsbeauf- tragte. Sie kümmern sich darum, dass Men- schen, die nach ihrem Tod Organe spenden möchten, rechtzeitig identifiziert werden. Gibt es einen Organspendeausweis? Eine Patien- tenverfügung? Kennen die Angehörigen den Willen des Patienten? Dr. Florian Niedermirtl, Anästhesist und zentraler Transplantationsbe- auftragter des Uni-Klinikums Erlangen, betont: „Uns ist es wichtig, eine gute Kommunikation mit den Angehörigen zu haben und ihre Fragen zu beantworten. Ob am Ende Organe gespen- det werden oder nicht, ist für uns nicht wichtig. Entscheidend ist, dass die Angehörigen alle Fakten von uns bekommen, die sie für ihre per- sönliche Einschätzung brauchen.“ Dabei weist Florian Niedermirtl auf die Verant- wortung hin, sich zu Lebzeiten mit der Organ- spende zu befassen: „Solange die momentan diskutierte Widerspruchslösung durch den Bundestag nicht beschlosssen ist, bleibt es un- fair, sich nicht zu äußern und die eigene Familie am Ende mit der Entscheidung allein zu lassen. Ja oder nein, was hätte er oder sie gewollt? Das Gefühl, vielleicht falsch entschieden zu haben, kann Menschen ein Leben lang verfolgen.“ →
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