Gesundheit Bamberg - Herbst 2019
44 Digitale Helfer Kaffee aus der Kapsel, die Schokolade nicht Fair Trade, ein Billig-T-Shirt von der Stange, mit dem Flugzeug nach Bali, ein Smartphone aus Seltenen Erden: Nichts davon verdient einen Umwelt- oder Ethikpreis. Aber welche glo- balen Effekte haben diese Käufe und Handlungen? Lan- det die Kaffeekapsel per Müll-Export im Pazifik? Stirbt ein Biotop, weil man beim Campen die falsche Seife be- nutzt hat? Entsteht irgendwo eine Wüste, weil man den Urlaub in Südostasien verbracht hat und nicht in Bad Wörishofen? Menschen, die zwanghaft nachhaltig leben wollen, würden sagen: Ja! – und hätten unerträgliche Schuldgefühle, wenn sie auch nur einen dieser „Fehler“ begangen hätten. „Ökorexie“ könnte man das überstei- gerte Nachhaltigkeitsdenken nennen, auch wenn es (noch) keine anerkannte Krankheit ist. „Ökorektiker“ wol- len zu 100 Prozent umwelt- und sozialverträglich leben – und müssen immer wieder feststellen, dass das gar nicht geht. Wer bei Biosiegeln nicht mehr durchsieht, kann eine App zücken, die die Label erklärt. Wer mit dem Auto zum Baumarkt fährt, kann danach zwei Wochen aufs Heizen verzichten. Aber wo führt das hin, wo hört das auf? Einige konzentrieren sich da lieber auf punktu- elle Weltrettungsstrategien: Der eine wäscht nur noch mit Kastanien. Der andere beschließt, sich nie wieder einen neuen Pullover zuzulegen – außer, seine Oma strickt ihn aus der Wolle eines befreundeten Schafes, das sich Zeit seines Lebens nur von Bio-Kräutern ernährt und seine Wolle freiwillig abgeworfen hat. Wieder ein an- derer fährt nur Zug. Der nächste isst keine Guacamole mehr – denn Avocados schickt der Teufel! Alle Strategien zeugen von einem Bewusstsein davon, was schiefläuft auf der Welt. Sie geben dem Einzelnen das Gefühl von Kontrolle zurück – und sie sind besser, als gar nichts zu tun. Für den „Ökorektiker“ aber ist rein gar nichts mehr ethisch korrekt. In seiner Besessenheit belehrt und kriti- siert, verteufelt und boykottiert er. Und am Ende ist er vor allem eins: eine Belastung für seine Umwelt. fm Twilight Besitzt das Smartphone keinen Nachtmodus, kann diese App das schlafstörende Blaulicht des Bild- schirms herausfiltern. Mit der kos- tenfreien Basisversion lassen sich Farbtemperatur und -intensität sowie Hellig- keit einstellen, außerdem gibt es einen Au- tomatik-Modus. Dieser richtet sich nach dem Sonnenkreislauf und passt die Farb- temperatur des Displays der Tageszeit an. Das entspannt abends nicht nur die Augen, sondern man schläft auch leichter ein. Pl@ntNet Unterwegs eine unbekannte Pflan- ze fotografieren und sofort wissen, um welche es sich handelt – das geht mit dieser kostenlosen App für Android und iOS, die verschiedene Forschungseinrichtungen gemeinsam ent- wickelten. Praktisch ist, dass man zu einer Suchanfrage mehrere Fotos hochladen kann, was die Treffergenauigkeit erhöht. Die App lebt von der Community und lädt dazu ein, eigene Bilder zu hinterlegen. Keine Panik Menschen, die unter Panikatta- cken leiden, unterstützt diese ko- stenlose und werbefreie Android- App. Die Standardversion liefert nicht nur Informationen zu Angst- und Panikerkrankungen, sondern auch praktische Hilfe: Nutzer können die 4-2-8- Atemtechnik lernen sowie auf ein Panik- tagebuch und Soforthilfe-Maßnahmen zu- greifen. Die Premiumversion enthält außer- dem Meditationen und Musik. Apps und Trends Muss das wirklich sein? Diesmal: Öko- rexie. Oder: krankhafte Nachhaltigkeit. Kleine Sp(r)itze
RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw