Gesundheit Bamberg - Winter 2019/2020
20 Es antwortet Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Direktor der Psychiatrischen und Psychothera- peutischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. E s gibt einen Unterschied zwischen dem Al - leinsein und dem Einsamsein. Es ist durchaus wichtig, auch Zeit für sich zu haben, denn zu viel Miteinander kann Stress bedeuten. Erst durch das negative Gefühl „Ich habe keinen, ich werde abgelehnt“ wird das Alleinsein zum Einsamsein. Einsamkeit ist zunehmend ein Problem, denn Familien wohnen oft weit aus - einander oder es bleibt neben dem Job keine Zeit für Freunde. Das hat auch gesundheitliche Folgen: Menschen, die sich einsam fühlen, ha - ben eine geringere Lebenserwartung, sind häufiger übergewichtig und leiden öfter an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch suizidale Gedanken und sogar Demenz sind häufiger bei einsamen Menschen festzustellen. Soziale Kontakte essenziell Ältere Menschen sind häufiger betroffen, weil die Kinder aus dem Haus sind oder weil der Partner verstorben ist. Es gibt jedoch einen Weg, der Einsamkeit entgegenzuwirken: Wir Wie gefährlich ist Einsamkeit? An den (Weihnachts-)Feiertagen kommen Familie und Freunde zusammen. Doch was ist mit denen, die keinen haben − leidet deren Gesundheit, wenn sie allein bleiben? müssen sozialen Kontakten eine hohe Priorität einräumen. Freundschaften entstehen nicht ohne Weiteres, man muss sie pflegen. Oft ord - nen wir dieser wichtigen Komponente unseres Lebens die Kategorie „Verschiebbar“ oder „Nicht dringend“ zu. Rituale wie ein wöchentli- cher Männerabend oder das Mittagessen bei Oma lassen sich in den Terminplan einbauen und tragen effektiv dazu bei, sich nicht einsam zu fühlen. Natürlich ist es gerade als älterer Mensch nicht einfach, Sozialkontakte neu auf - zubauen. Daher sollten soziale Beziehungen ständig Priorität haben und nicht erst dann, wenn man nicht allein vor der Festtagsgans sit- zen möchte. Senioren kann ich außerdem ans Herz legen, sich nicht vor Seh- oder Hörhilfen zu scheuen. Mit ihnen können Einschränkungen im Sozialkontakt eingedämmt werden, sodass der Opa nicht ständig nachfragen oder der En- kel nicht immer so laut reden muss. Wenig Schlaf macht einsam Es gibt außerdem eine Studie, die einen Zu- sammenhang zwischen Schlafmangel und Ein- samkeit festgestellt hat. Demnach könnte aus- reichend Schlaf ein Faktor sein, der die Einsam- keit reduziert. Menschen, die weniger schlafen, fühlen sich einsamer und werden auf Bildern von anderen auch als einsamer eingestuft. In- teressant ist, dass sich die Befragten im An - schluss auch selbst einsamer fühlten als vor dem Betrachten der Fotos. Man könnte also sagen, dass Einsamkeit ansteckend ist! Visite
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