Gesundheit Bamberg - Winter 2019/2020
52 Der besondere Fall Dr. Andreas Reichelt hat diesen Fall schon auf einigen Konferenzen prä- sentiert. Rubrik: sehr ungewöhnlich. Jahrelang klagte eine 67-jährige Pati - entin aus Thüringen über diffuse Be- schwerden – Luftnot, ein Fremdkör- pergefühl im Hals und unklare Hals- schmerzen. Genau beschreiben oder lokalisieren konnte die Patientin ihre Empfindungen nicht. Über Jahre hin - weg suchte sie mehrere HNO-Ärzte auf, wurde dreimal an der Nasenschei- dewand operiert und ließ sich die Gau- menmandeln entfernen. Nichts half. Die HNO-Ärztinnen und -Ärzte des Uni-Klinikums Erlangen sahen sich die Befunde und vor allem die CT-Bilder von Kopf und Hals genauer an. Im hin- teren Schädelbereich – am Schläfen- bein – setzt der Griffelfortsatz an, eine dünne knöcherne Verlängerung des Schädelknochens, die normalerweise nicht länger ist als drei Zentimeter. Der Griffelfortsatz geht unmittelbar in ei- nen Bindegewebsstrang über. „Wenn der Griffelfortsatz zu lang ist oder der mit ihm verbundene Bindegewebs- strang verknöchert, nennen wir das Eagle-Syndrom“, erklärt Dr. Reichelt von der HNO-Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. Das Syndrom ist nach sei- nem Entdecker Watt Weems Eagle be- nannt, einem US-amerikanischen HNO-Arzt. Angesichts des störenden (neuen) Knochens in ihrem Kopf kla- gen Betroffene üblicherweise über Halsschmerzen, ein Fremdkörperge- fühl im Hals und Schluckbeschwer- den, aber auch über Schmerzen beim Drehen des Kopfes oder über Schwin- del. „Das Eagle-Syndrom wird oft nicht erkannt“, weiß Dr. Reichelt. Bei der ratlosen Patientin war es schließlich die Lösung, nach der Medizinerinnen und Mediziner jahrelang gesucht hat - ten. „Die Verknöcherung war acht Zen- timeter lang, wie ein Finger im Kopf“, beschreibt Andreas Reichelt den Fund. „In einer OP haben wir den Kno - chen gekürzt. Damit war die Patientin von heute auf morgen wieder be- schwerdefrei.“ fm Wie ein langer dünner Finger zeigen sich Griffelfortsatz und verknöcherter Bindegewebsstrang auf dem CT-Bild. „Wie ein Finger im Kopf“ Eagle-Syndrom. Nach einer jahrelangen Therapieodyssee und etlichen OPs fand ein Arzt der Erlanger HNO-Klinik die Ursache für die Beschwerden einer 67-jährigen Patientin.
RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw