Gesundheit erlangen - Herbst 2017
20 Gut beraten Rezeptfreie Schmerzmittel. Bei welchen Beschwerden welcher Wirk- stoff am besten hilft und wann es für den Körper gefährlich wird. Oh weh! Dr. Britta Fraunberger und Dr. Norbert Grie- ßinger vom Schmerzzentrum des Uni-Klini- kums Erlangen studieren den Beipackzettel einer Schachtel Schmerztabletten. „Das sollte eigentlich jeder tun“, sagt Dr. Fraun- berger. „Vor allem Ältere und Menschen, die weitere Medikamente einnehmen, mit de- nen es zu Wechselwirkungen kommen kann – zum Beispiel Blutverdünner.“ Bei Kopf-, Rücken-, Gelenk- oder Zahnschmerzen gele- gentlich zu einem Schmerzmittel zu greifen, finden die Fachärztin für Neurologie und der Facharzt für Anästhesiologie in Ordnung. „Wer an fünf Tagen im Monat Migräne hat, kann an diesen Tagen etwas nehmen“, sagt Dr. Grießinger. „Wichtig ist eine ausreichend effektive Dosis. Wenn ich 600 Milligramm Ibuprofen brauche, um eine Wirkung zu er- zielen, nützt es nichts, aus Vorsicht nur 400 Milligramm zu nehmen. Denn dann wirkt die Tablette nicht oder nur teilweise.“ Natürlich müssen dabei die jeweils angegebenen Ein- zel- und Tageshöchstdosen beachtet wer- den. Als Faustregel gilt: Schmerzstillende Mittel sollten an maximal zehn Tagen pro Monat eingenommen werden. „Kritisch wird es bei chronischen, also länger anhaltenden Schmerzen“, erklärt Dr. Grießinger. „Werden Schmerzmittel länger eingenommen, wirken sie nicht mehr richtig. Kopfschmerzpatien- ten bekommen einen Medikamenten-Über- gebrauchskopfschmerz und die Nieren neh- men Schaden.“ Bei chronischen Schmerzen ist eine Ursache oft nicht mehr klar erkenn- bar, häufig spielen psychosoziale Faktoren eine Rolle. „Wir raten spätestens dann zu einer Abklärung bei einem Schmerzmedizi- ner“, sagt Dr. Fraunberger. Denn wer dauer- haft Schmerzmittel nimmt, um zu funktio- nieren, muss sich irgendwann fragen, wel- che Funktion der Schmerz eigentlich hat. Ibu, ASS oder Paracetamol? Gängige rezeptfreie Schmerzmittel enthal- ten die Wirkstoffe Ibuprofen, ASS (Acetylsa- licylsäure), Diclofenac, Paracetamol oder Naproxen. Ibuprofen hat ein breites Wirk- spektrum: Es hilft gegen Schmerzen, Ent- zündungen, Schwellungen und Fieber. „Nach der Einnahme sollte man eine bewusste Pause einlegen“, rät Britta Fraunberger. „Al- so nicht am PC sitzen, schnell eine Kopf- schmerztablette einwerfen und weiter E- Mails tippen, sondern dem Mittel Zeit ge- ben, zu wirken.“ Entscheidend ist gerade bei Migräne die rechtzeitige Einnahme. „Nicht so lange warten, bis die Strukturen im Ge- hirn völlig überempfindlich sind“, empfiehlt Norbert Grießinger. ASS wird ähnlich ver- wendet wie Ibuprofen. Weil es mehrere Tage Dr. Britta Fraunberger und Dr. Norbert Grie- ßinger raten bei chronischen Be- schwerden zu zurückhaltendem Schmerzmittelkon- sum. „Frei verkäuflich heißt nicht gleich harmlos.“
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