Gesundheit erlangen - Winter 2017/2018

10 Titel denkt das ältere Gehirn etwas langsamer. Bei manchen kommt der „Pensionsschock“, wie Prof. Gräßel es nennt. Einige Zeit nach Ende eines geistig anre- genden Arbeitslebens sitzt der Besorgte dann in der Gedächt- nissprechstunde der Psychia- trie und berichtet, dass er stän- dig Dinge vergisst. „Was haben Sie beruflich gemacht – und wo - mit beschäftigen Sie sich heu- te?“, fragt Prof. Gräßel dann. Oft zeige sich schnell, dass der Be- troffene seinen Kopf einfach nicht mehr genug anstrengt. Alles vergessen? Wirklich bedenklich wird das Vergessen dann, wenn es wich- tige persönliche Lebensberei- che erfasst – Fakten und Hand- lungen, die früher routinemäßig abrufbar waren. Ein Beispiel: Wenn die Enkel zu Besuch kommen, bäckt eine Seniorin regelmäßig einen Ku- chen, nach Gefühl und ohne Rezept. Wenn sie plötzlich nicht mehr weiter weiß, sich Fehler einschleichen und der Kuchen misslingt, könnte das auf eine demenzielle Erkrankung hin- deuten. Dann empfiehlt sich der Besuch in einer Gedächt- nissprechstunde (s. Info). Die meisten Menschen fürch- ten bei einer nachlassenden Gedächtnisleistung eine De- menz – dabei ist oft eine De- pression naheliegender. „De- pressive sind antriebsgemin- dert und emotional abgeflacht. Außerdem sind die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn häufig vermindert“, er - klärt Prof. Gräßel. „Diese psy- chologischen und biologischen Faktoren wirken sich merklich auf die Denkleistung eines de- pressiven Menschen aus.“ Bei erfolgreicher Depressionsthera- pie bessern sich auch die kog- nitiven Fähigkeiten wieder. Falsch erinnert Der gesunde Geist speichert die wichtigen Dinge und ver- gisst die unrelevanten. Doch selbst, wenn wir glauben, alle Fakten parat zu haben, alle De- tails eines Erlebnisses wieder- geben zu können, wissen Psy- chologen längst: Jede Erinne- rung ist unsere ganz persönli- che Wahrheit, ein subjektives Konstrukt – und ein sehr wa- Alltägliches vergessen. Wer plötzlich Routineaufgaben geistig nicht mehr bewältigen kann, der sollte sich zur Sicherheit in einer Gedächtnissprechstunde vorstellen.

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