Gesundheit erlangen - Sommer 2019
26 Erforscht und entdeckt Können Brötchen fliegen? Delirmanagement. Leiden Intensivpatienten unter Wahrnehmungsstö- rungen, spricht man von einem Delir. Auf den Intensivstationen des Uni-Klinikums Erlangen arbeiten die Mitarbeiter an Lösungen. Gerade schien der Patient ganz entspannt, doch keine fünf Minuten später ist er plötz- lich wie ausgewechselt, will seinen Venen- zugang herausreißen, weiß nicht, wo er ist. Mitarbeiter von Intensivstationen wissen: Wahrscheinlich liegt ein Delir vor, ein akuter Verwirrtheitszustand mit Bewusstseinsstö- rungen, der bei bis zu 80 Prozent aller Inten- sivpatienten auftritt. Die Betroffenen trifft keine Schuld, ihr Körper weiß schlicht nicht anders mit der Belastung umzugehen. Meist tritt die Verwirrtheit nach einer schwe- ren Operation auf oder wenn unter Beat- mung starke Schlaf- und Schmerzmittel ge- geben werden. Unterschieden werden drei Arten: Viele Patienten leiden an der hypody- namen Form des Delir und werden ruhig, beinahe apathisch, andere – hyperdynam – sind plötzlich aufgedreht bis aggressiv. Oft vermischen sich beide Formen. Erkennen und vorbeugen Markus Prinz ist Stationsleiter der Neuro- Intensivstation des Uni-Klinikums Erlangen. Er hat bewährte und neu entwickelte Prä- ventionsmaßnahmen in einem adaptierba- ren Delirkonzept zusammengefasst. „Das Wichtigste ist, das Delir überhaupt zu erken- nen“, erklärt der Stationsleiter. „Es gibt et- wa eine Reihe festgelegter Fragen, die wir dem Patienten stellen, um sein Wahrneh- mungsvermögen einzuschätzen.“ Zum Bei- spiel solle er bei jedem „A“ im Wort „Ananasbaum“ die Hand der Pflegekraft drücken. Oder die Frage beantworten: Kön- nen Brötchen fliegen? Um ein Delir gar nicht erst aufkommen zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. „Ganz wichtig ist die Frühmobilisation – die Bewegung im und am Bett, sogar wenn der Patient noch beatmet wird“, sagt Markus Prinz. „Viele Patienten leiden in Schlaf- Wach-Phasen auch an Orientierungslosig- keit. Mithilfe von Zeit-und-Datumsuhren und teilweise mit simuliertem Tageslicht können wir ihm schnell eine Einordnung ge- ben.“ Weitere Maßnahmen sind das Führen eines Intensivtagebuchs und die Lärmver- meidung auf der Station. ms Wo bin ich, welcher Tag ist heute? Dank spezieller Uhren können sich Patienten der Erlanger Neuro-Intensivstation orientieren.
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