Gesundheit erlangen - Sommer 2019

52 Der besondere Fall Ein Kinderherz in Not Endokarditis. Hohes Fieber war kein Erkältungssymptom, sondern ein Herzalarm. Wenn im Herbst die Temperaturen sinken, steigt die Zahl der Erkältungsfälle. Deshalb sind die Eltern der neunjährigen Luisa (Name geändert) auch nicht sonder- lich beunruhigt, als sich ihre Tochter im September 2018 schlapp fühlt und Fieber bekommt. Nachdem die Körpertemperatur jedoch dauerhaft über 40 °C steigt und Luisa zwar über Gelenk- und Halsschmerzen klagt, klassische Erkältungssymptome allerdings ausbleiben, fährt die Familie nach Würzburg ins Krankenhaus. Dort gehen die Ärzte auf die Suche nach der Ursache. „Sowohl Blutbild als auch Urinprobe waren unauffällig und eine Lungenentzündung konnte ebenfalls ausge- schlossen werden“, zitiert Prof. Dr. Sven Dittrich, Leiter der Kinderkardiologischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen, aus dem Arztbrief. „Die Entdeckung, dass Lu- isa kleine punktförmige Hautblutungen an den Sprung- gelenken hatte, brachte die Kollegen schließlich auf die richtige Spur.“ Nachdem sich zudem der Allgemeinzu- stand des Kindes immer mehr verschlechterte, nahmen die Ärzte eine Ultraschalluntersuchung des Herzens vor. Dabei stellte sich heraus, dass die Innenhaut von Lui- sas Herzklappen entzündet war. „Eine akute Endokardi- tis ist in diesem Alter eine sehr seltene Diagnose“, er- läutert Prof. Dittrich. „Luisa war ein gesundes Mädchen, das gern zur Schule ging. Die Eltern wussten weder von Allergien noch von einer Herzerkrankung.“ Luisa wurde medikamentös behandelt und ins Erlanger Uni-Klinikum verlegt. Obwohl die Therapie anfangs ansprach, wirkte das Mädchen zunehmend verlangsamt und teilnahms- los, sodass die Ärzte sich für ein Schädel-MRT entschie- den. „Wir fanden Mikroembolien – viele winzige Ver- stopfungen von Blutgefäßen“, berichtet Prof. Dr. Robert Cesnjevar, Leiter der Kinderherzchirurgischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen. „Deshalb war eine Operati- on dringend erforderlich. Die Bakterien hatten Luisas Aortenklappe bereits so stark angegriffen, dass wir sie ersetzen mussten.“ Da die Patientin noch so jung war, entschieden sich die Erlanger Spezialisten gegen eine mechanische Herzklappe, die eine lebenslange Einnah- me von Blutverdünnern erfordert. Stattdessen kam ein neuartiges Verfahren zum Einsatz: die zellfreie Herz- klappe eines menschlichen Spenders. „Die OP ent- spricht einer Gewebetransplantation“, erläutert Prof. Cesnjevar. „Die Spende, die Luisa erhielt, wurde für uns extra aus Österreich eingeflogen.“ Sechs Monate nach ihrer Entlassung merkt man Luisa kaum noch etwas von ihrer schweren Erkrankung an. „Sie konnte in ihre Klasse zurückkehren und inzwischen ihren zehnten Geburtstag feiern“, freut sich Robert Ces- njevar. bm

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