Gesundheit erlangen - Herbst 2019
12 Titel Eine neue Sichtweise Seltene immunologische Erkrankung. Holger Franke ist Koch im BVS- Bildungszentrum in Neustadt an der Aisch. Es ist dem Familienvater nicht anzusehen, doch er leidet an einer seltenen Erkrankung. Überall in seinem Körper bilden sich kleine Gewebeknötchen. Fünf Jahre sind seit dem Tag vergangen, an dem Holger Franke die ersten Veränderun- gen an sich feststellte: leicht eingesunke- ne, rötlich-blaue Stellen auf der Haut. „Ich war beim Hautarzt, der hat mir Kortisonsal- be verschrieben und versichert, dass es nichts Bösartiges ist.“ Damit gab sich Hol- ger Franke zufrieden. „Ich hatte beruflich und privat sowieso wenig Zeit und war erst mal beruhigt“, erinnert sich der heute 45-Jährige. Zwei Jahre später kamen die Heiserkeit, der Husten und die Erschöp- fung. „Mein Radiologe sagte damals: ‚Das Röntgenbild der Lunge ist in Ordnung.‘“ Das Auge gibt Hinweise Nach Hautrötungen und Husten schwoll 2017 Holger Frankes rechtes Unterlid an. In der Augenklinik des Uni-Klinikums Erlangen stellten die Ärzte fest, dass der Tränenwegs- kanal verstopft war. Die Operateure setzten ein kleines Röhrchen ein, sodass die Trä- nenflüssigkeit wieder ungehindert in die Na- senhöhle abließen konnte. Die Erlanger Au- genärzte wussten: Entzündete Tränenwegs- kanäle können auf die seltene Erkrankung Sarkoidose hindeuten. Mit Blick auf Holger Frankes Geschichte und die anderen Symp- tome erhärtete sich der Krankheitsver- dacht: „Die Ärzte haben mir gesagt, ich sol- le mich mal umfassend durchchecken las- sen. So hat mein Weg am Zentrum für Selte- ne Immunologische Erkrankungen angefan- gen“, berichtet Holger Franke. „Was habe ich?“ Sarkoidose ist eine entzündliche Erkran- kung, bei der sich im ganzen Körper kleine Gewebeknötchen bilden. Diese Granulome entstehen am häufigsten in der Lunge und in den Lymphknoten, können aber auch an- dere Organe, die Haut und das Nervensys- tem befallen. „Bei den ersten Anzeichen für eine Sarkoidose ist es wichtig, zu untersu- chen, ob die Lunge schon beeinträchtigt ist“, erklärt Julia Kittler, Ärztin im Zentrum für Seltene Immunologische Erkrankungen am Uni-Klinikum Erlangen. Zur Diagnostik gehören etwa Röntgen- und CT-Aufnahmen der Lunge, eine Bronchoskopie und ein Lun- genfunktionstest. „Bleibt eine Sarkoidose mit Lungenbeteiligung unbehandelt, kann sich die Lunge fibrotisch umbauen. Dabei bildet sich vermehrt neues Bindegewebe, das Organ vernarbt und verliert seine Funk- tion. Das kann schlimmstenfalls bis zur Lun- gentransplantation gehen, das ist aber zum Glück sehr selten“, sagt Julia Kittler. Eine detaillierte Bildgebung der Lunge und des Herzens und Gewebeentnahmen aus den Lymphknoten und Bronchien ließen schließlich keine Zweifel mehr: Holger Fran- ke brauchte ein Medikament gegen Sarkoi- dose. „Wir begannen mit Prednisolon-Tab- letten – das heißt: mit Kortison“, sagt Julia Kittler. „Der Wirkstoff unterdrückt das Im- munsystem und hemmt Entzündungen.“ Dem Patienten ging es bald besser, Haut- Entzündungen der Iris und der Tränenwege können auf eine Sarkoidose hindeuten. Häufiger sind aber Husten, Luftnot, Abgeschla- genheit und Gewichts- verlust. Deshalb ist die Diagnosefindung oft schwierig.
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