Gesundheit erlangen - Winter 2021/22

„Gesundheit erlangen“ hat mit dem Gynäko- logen und Krebsexperten Prof. Dr. Matthias W. Beckmann über Häufigkeit, Vorbeugung und Früherkennung von Brustkrebserkran- kungen gesprochen. VON MARIE GRABER Rein statistisch gesehen: Nimmt die Zahl der Brustkrebsfälle zu oder ab? Prof. Beckmann: Die Anzahl der Brustkrebs- fälle hat in den Jahren 2019 und 2020 leicht abgenommen. Woran liegt das? Prof. Beckmann: Möglicherweise sind auf- grund der Coronapandemie weniger Frauen zum Mammografie-Screening gegangen, so - dass entsprechend weniger Karzinome ent- deckt wurden. Es kann aber auch sein, dass sich jetzt der sogenannte Mammogra - fie-Screening-Effekt zeigt. Das heißt, dass Brustkrebsvorstufen durch Screenings ent - deckt und behandelt werden konnten und viele Frauen somit erst gar nicht an Brust - krebs erkrankt sind. In welchem Alter tritt Brustkrebs besonders häufig auf? Prof. Beckmann: Aufgrund der medialen Be- richterstattung zum Thema Brustkrebs wird oft vermutet, dass vorrangig junge Frauen betroffen sind. Diese Annahme trifft aber nur bei denjenigen Frauen zu, in deren Fa - milien vermehrt Brustkrebs- und Eierstock - krebserkrankungen vorkommen. In einem solchen Fall kann eine genetische Analyse durchgeführt werden, die zeigt, ob eine ver - erbbare Genveränderung vorliegt und damit ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Das Durch- schnittsalter der Frauen mit Brustkrebs liegt jedoch bei 63 Jahren. Warum erkranken einige Frauen an Brust- krebs und andere nicht? Prof. Beckmann: Wir kennen die grundle- gende Ursache nicht, haben aber anhand von statistischen und genetischen Analysen Faktoren identifiziert, die zu einer Erhöhung des Brustkrebsrisikos führen. Zu den nicht-genetischen Risikofaktoren gehören unter anderem die Einnahme von Hormon - präparaten, keine oder eine späte erste Schwangerschaft, eine Stillzeit von weniger als 12 Monaten, auffällige Veränderungen der Brust, die durch eine Biopsie nachgewie- sen werden, eine frühe erste Menstruation vor dem 12. Lebensjahr, eine späte Meno - pause ab 54 Jahren sowie sehr dichtes Brust- gewebe. Zu den genetischen Faktoren zäh - len derzeit mehr als 18 Gene, von denen die beiden bekanntesten BRCA1 und BRCA2 (Breast Cancer Genes) sind. Sollte es nach einer ausführlichen Untersuchung inklusive Risikoerhebung aufgrund der Familienge- schichte wahrscheinlich sein, dass zu min- Prof. Dr. Matthias W. Beck - mann ist Direktor der Frau - enklinik des Uni-Klinikums Erlangen und Direktor des Comprehensive Cancer Centers Erlangen-EMN. Worauf kommt es bei der Brustkrebsvorsorge an? 32 | Sprechstunde

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