Gesundheit erlangen - Winter 2021/22
Fortsetzung von S. 41 Auch Nadine Shokoui-Weber musste schnell handeln: Weil ihr Hodgkin-Lymphom be- reits in einem fortgeschrittenen Stadium war, sollte sie nur acht Tage nach der Dia- gnose die erste intravenöse Chemotherapie bekommen. „Ich konnte die neue Situation kaum verarbeiten. Ich habe einfach funktio - niert – auch für meine Familie und meine Freunde“, erinnert sich die gebürtige Ham- burgerin. Ihre Ärztin hatte ihr von der neuen Methode der Kryokonservierung von Ovari - algewebe berichtet und für Nadine Sho- koui-Weber war sofort klar, dass sie es damit versuchen wollte. Noch vor der Chemo wur - de ihr in einer Hamburger Klinik Eierstock- gewebe minimalinvasiv entnommen und dort anschließend in flüssigem Stickstoff kryokonserviert. Glück gefunden Sieben Jahre lang lag die Fruchtbarkeitsre- serve auf Eis. Nachdem Nadine Shokoui-We - ber den harten Kampf gegen den Krebs ge- wonnen hatte, entschied sie sich gemeinsam mit ihremMann Bastian, ein Kind zu bekom- men. Weil die Ärztinnen und Ärzte in der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen deutschlandweit die größte Erfahrung mit der Transplantation von kryokonserviertem Eierstockgewebe hatten, ließ sie sich dort 2017 bei Klinikdirektor Prof. Dr. Matthias W. Beckmann operieren und das Gewebe in die Beckenwand einpflanzen. Bereits wenige Monate nach dem Eingriff zeigten ihre Eier- stöcke wieder Aktivität und erste reife Folli - kel waren nachweisbar. Es dauerte noch eine Weile, bis Nadine Shokoui-Weber dann auf natürlichemWeg schwanger wurde. „Ich war so glücklich, dass es endlich geklappt hatte. Und das ganz ohne Hormontherapie oder künstliche Befruchtung“, erinnert sie sich. Kurz vor Weihnachten 2018 kam dann Töch - terchen Anna Vanessa zur Welt und das Fa- milienglück war perfekt. „Wir haben Frau Shokoui-Weber damals ge- raten, nur einen Teil des Eierstockgewebes zu transplantieren“, erklärt Prof. Beckmann. „Denn unsere langjährige Erfahrung mit der Methode zeigte uns, dass die hormonelle Aktivität der Eierstöcke mit der Zeit wieder nachlässt und die Fruchtbarkeit abnimmt.“ Das war auch bei Nadine Shokoui-Weber der Fall. Doch sie wollte ein zweites Kind. Des- halb ließ sich die heute 35-Jährige 2020 von Prof. Beckmann und seinem Team das übrige Eierstockgewebe transplantieren. Auch beim zweiten Mal verlief alles optimal, und Nadi - ne und Bastian bekamen im September 2021 eine weitere Tochter. Mit der Transplantati- on von kryokonserviertem Ovarialgewebe konnten die Erlanger Ärztinnen und Ärzte inzwischen bereits über 100 ehemaligen Krebspatientinnen dabei helfen, ihre Frucht- barkeit zurückzugewinnen. 42 | Menschen Universitäts-Fortpflanzungszentrum Franken Telefon: 09131 85-33524 www.reproduktionsmedizin.uk-erlangen.de Die Kryokonservierung ist deshalb so gewinnbringend, wei l vie len Frauen nach der Krebs- diagnose keine Zei t für die St imulat ion i hrer Eize l len blei bt. Prof. Dr. Ralf Dittrich
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