Gesundheit erlangen - Winter 2021/22

| 55 Kopfsache wenn sehr einfaches Deutsch verwendet wird, wenn die Person neben ihnen adressiert wird anstatt sie selbst oder wenn man sie behandelt, als seien sie dumm. Diesen Aspekt hatte die Ar- beitsgruppe um Prof. Jansen in über hundert Interviews herausgearbeitet. Prof. Erim erklärt: „Es geht uns nicht um die Absicht der Person, die spricht. Wir beleuchten die Perspektive de - rer, die sich abschätzig behandelt fühlen. Diskri - minierung ist ein subjektives Empfinden. Das wollen wir sichtbar machen.“ Ziel soll es sein, Institutionen Empfehlungen an die Hand zu ge- ben, wie sie sensibler mit Migrantinnen und Mi- granten umgehen können. „Die interkulturelle Öff - nung von Institutionen spielt eine immer größere Rolle“, sagt Yesim Erim. „Das bedeutet zum Bei - spiel, dass sich Stellenausschreibungen konkret auch an Menschen mit Migrationshintergrund richten, dass es hausinterne Dolmetscherdienste gibt und Migration als Kompetenz verstanden wird.“Das Uni-KlinikumErlangen tut hier aus Sicht von Yesim Erim schon sehr viel: „Wir haben seit 2013 eine Beraterin für muslimische Patientin - nen und Patienten. Sie übersetzt und vermittelt zwischen den Kulturen. Gerade im Gesundheits- wesen ist so etwas sehr wichtig, weil die Kom- munikation ganz wesentlich darüber entschei- det, wie eine medizinische Behandlung erlebt wird.“ Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass Diskriminierung bei den Betroffenen mit De- pressivität, Ängsten und posttraumatischen Be - lastungsstörungen einhergeht. „Wir vermuten, dass wir bei VIOLIN ähnliche Zusammenhänge finden“, so Yesim Erim. „Doch erst müssen wir ermitteln, wie viel verbale Diskriminierung es in unseren Institutionen wirklich gibt.“ Die Ergeb- nisse von VIOLIN sollen voraussichtlich im Frühjahr 2022 veröffentlicht werden. Bis dahin sind Menschen mit Migrationshintergrund, die Kontakt zu öffentlichen Institutionen hatten, aufgerufen, an der Befragung teilzunehmen. „Wo kommst du her?“ „Es kommt auf den Kontext an. Aber Migrantinnen und Migranten, die schon viele Jahre in Deutschland leben, möchten eher nicht gefragt werden, wo sie herkommen, oder gesagt bekom - men, dass sie gut Deutsch sprechen. Das wird oft als Herabwürdigung ihrer Person verstanden, als eine Art Ver - niedlichung. Es wird dabei etwas zum Thema gemacht, das die Person selbst nie thematisiert hätte“, sagt Prof. Erim. Aus gutem Grund 26 % der Menschen in Deutschland haben einen Migrat ionshin- tergrund. Eine Quote, die die Relevanz der Erlanger VIOLIN- Studie unterstreicht. VIOLIN-Studie www.violin.fau.de Online-Fragebogen (in acht Sprachen) ww2.unipark.de/uc/violin

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