Titel 14 | Fortsetzung von S. 13 Kollegen unsicher und mit Antibiotika eher zurückhaltend. Aber je früher eine Therapie beginnt, desto besser wird die Bakterienausbreitung unterbunden. Wir starten deshalb bei typischen Hautsymptomen sofort mit dem Antibiotikum, ohne Blut abzunehmen, denn der Antikörpertest fällt in dieser Phase sowieso oft negativ aus.“ In vielen Fällen tritt die Rötung innerhalb von ein bis zwei Wochen auf; sie kann aber auch ausbleiben, „was nicht heißt, dass es keine Infektion gab“, schränkt Prof. Harrer ein. Treten in den Wochen nach einem Zeckenstich also beispielsweise ungewöhnliche Kopfschmerzen auf, Entzündungen der Nerven, Gelenke, Schleimbeutel, Sehnenscheiden oder Augen, Fieber, starke Müdigkeit oder Erschöpfung, sind das eventuell Anzeichen einer Borreliose. Auch plötzliche Schmerzen im Nacken oder im unteren Rücken, die in die Arme oder Beine ausstrahlen, und für die es keine andeNicht immer zeigt sich eine Wanderröte so eindeutig wie links; sie kann auch untypisch aussehen oder z. B. viel kleiner sein. re Erklärung gibt, können für die Erkrankung sprechen. Selten kommt es auch zu einem AVBlock des Herzens. Dabei schlägt das Organ immer langsamer, was zu Ohnmacht und schlimmstenfalls sogar zum Tod führen kann. „Wenn ein ansonsten kerngesunder Mensch aus dem Nichts eine solche Reizleitungsstörung des Herzens bekommt, könnten Borrelien schuld sein“, klärt Thomas Harrer auf. Auch Rhythmusstörungen und Herzmuskelentzündungen sind möglich. Der Labortest allein sagt nichts aus „Die Menschheit hat schon lange mit Borrelien zu tun“, erklärt Prof. Harrer. „Schon Ötzi hatte welche.“ Bis zu 20 Prozent der Menschen in Süddeutschland hatten schon einmal Kontakt mit den Bakterien und haben entsprechende Antikörper ausgebildet, die sich im Blut nachweisen lassen. „Aber allein der Antikörpernachweis macht noch keine Borreliose“, betont der Experte. „Die Laborergebnisse müssen immer mit den klinischen Beschwerden zusammenpassen. Denn grundsätzlich gibt es die gesamte Bandbreite von völlig symptomlosen Infektionen bis hin zu schweren und langwierigen Erkrankungen.“ Ein Antikörpernachweis erhöht demnach nur die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Borreliose vorliegen könnte. „Diese Wahrscheinlichkeit ist umso höher, wenn jemand tatsächlich einen Zeckenstich bemerkt hat und drei, vier Wochen später Symptome feststellt“, erklärt Thomas Harrer. Lyme- und Neuroborreliose Die Lymeborreliose betrifft typischerweise die Haut (Wanderröte) und die Gelenke, seltener auch das Herz. Eine Neuroborreliose führt u. a. zu brennenden Nervenschmerzen, Taubheitsgefühlen, Seh- oder Hörstörungen, seltener auch zu (Gesichts-)Lähmungen.
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