Gesundheit erlangen - Sommer 2024

| 33 Medizin so Michael Sticherling. Auch wenn heute klinikeigene Fotografen Hautkrankheiten dokumentieren: Die Moulagen gibt es noch immer und Michael Sticherling nutzt sie auch weiterhin für seinen Unterricht. Rund 180 Stücke – in mehr oder weniger gutem Zustand – enthält die Erlanger Sammlung. Eine Auswahl ist heute in einer Vitrine im Internistischen Zentrum ausgestellt. „Aber nur die zumutbaren Moulagen – die ganz dramatischen, vor allem die von Geschlechtskrankheiten beziehungsweise Genitalien, bleiben unten in den abgeschlossenen Schubfächern“, so der Dermatologe, der regelmäßig Trauben von Menschen vor den gläsernen Schränken trifft. „Das ist hier nicht Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und die Moulagen sind ursprünglich auch gar nicht für Laien bestimmt gewesen“, gibt er zu bedenken. „Trotzdem üben sie eine besondere Faszination auf Besucherinnen und Besucher aus.“ Das, was da zu sehen ist, das möchte niemand haben. Es ist deshalb ratsam, sich zu vergegenwärtigen: Schutz vor sexuell übertragbaren bakteriellen und viralen Infektionen – wenn auch keinen 100-prozentigen – bieten nach wie vor Kondome. Bei einigen Erregern kommen im Vorfeld Diese Moulage aus dem Jahr 1921 zeigt ein Syphilis- Geschwür an der Unterlippe. auch Impfungen infrage – etwa gegen Humane Papillomaviren, die beispielsweise Genitalwarzen oder sogar Gebärmutterhalskrebs hervorrufen können. Dank spezieller Labortests lassen sich Infektionen heute zweifelsfrei bestimmen und dann auch gut behandeln. Aufklärung, die laut Prof. Sticherling „ausgewogen und nicht zu stark ängstigend“ sein sollte, ist heute wichtiger denn je. Was damals die Flugblätter waren, sind heute u. a. die „Liebesleben-Plakate“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Von der „Pelle“ zum Immunorgan „Hautkrankheiten gelten bis heute als ansteckend und gefährlich, dabei ist der Großteil harmlos“, sagt Michael Sticherling. 1.200 bis 1.500 unterschiedliche Diagnosen sind der Dermatologie mittlerweile bekannt. „Früher sah man die Haut eher als ,Wurstpelle‘, die einfach alles beieinander hielt“, verbildlicht es der Experte. „Erst seit den 1950er-Jahren wissen wir, dass sie ein großes eigenständiges Organ mit einer aktiven Immunfunktion ist und beispielsweise eigene Antibiotika produziert.“ Prof. Sticherling ist nicht nur ein Spezialist für Geschlechts-, sondern auch für chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Schuppenflechte und Neurodermitis. „Weil man an die Haut gut herankommt – besser etwa als beispielsweise an den Darm –, spielt sie eine so große Rolle in der Immun- beziehungsweise Entzündungsforschung. So wurden die ersten Biologika gegen Schuppenflechte und Rheuma hier in Erlangen mitentwickelt“, sagt er. Auch die langjährige Erforschung und Therapie des weißen und schwarzen Hautkrebses ist ein Aushängeschild des Standorts. Diesen Bereich führt Prof. Dr. Carola Berking fort, die die Leitung der Klinik 2019 übernahm. Video: Geschlechtskrankheiten damals und heute www.gesundheit-erlangen.com

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