Gesundheit erlangen - Sommer 2024

| 51 Kopfsache ßeren Freundes- und Bekanntenkreis und auch ein gesteigertes Bedürfnis nach sozialem Austausch. Es macht auch einen Unterschied, ob sich im Freundeskreis viele untereinander kennen – dann trifft man sich öfter. Wichtig sind aber vor allem enge Vertraute. Von denen haben die meisten nur eine Handvoll. Welche Folgen hat es, nur wenige soziale Beziehungen zu haben? Wenn wir gern mehr davon hätten, leiden wir. Es löst Stress aus. Das ist sogar messbar: Wer nur ein kleines soziales Netz hat, bekommt häufiger Infektionskrankheiten und schläft schlechter. Der Körper ist dann in Alarmbereitschaft, da die mentale Sicherheit fehlt, in schwierigen Situationen aufgefangen zu werden. Wir behandeln viele Patientinnen und Patienten, die sich einsam fühlen. Sie leiden nicht nur unter Schlaf-, sondern oft auch → Bewusstes Alleinsein Viele brauchen den Wechsel zwischen dem Zusammen- und dem Alleinsein. So kann es heilsam sein, sich auch mal gezielt Zeit für sich zu nehmen. Vielen reicht schon ein Spaziergang ohne Begleitung, um zur Ruhe zu kommen und abzuschalten, oder ein Hobby wie Musizieren oder Zeichnen. Andere finden Erholung in längeren Allein-Phasen, z. B. im Kloster, auf dem Jakobsweg oder bei einer Solo-Reise. Soziale vs. emotionale Einsamkeit Während sich soziale Einsamkeit objektiv auf die Anzahl an Menschen bezieht, die wir kennen bzw. denen wir uns anvertrauen (Quantität der Kontakte), beschreibt emotionale Einsamkeit das subjektive Gefühl, dass einem Menschen fehlen, denen man sich nahe fühlt (Qualität der Kontakte). Beides – also sowohl die Anzahl der Kontakte als auch die emotionale Nähe zu Menschen – ist wichtig für unser Wohlbefinden. Prof. Kornhuber ist Direktor der Psychiatrischen und Psycho- therapeutischen Klinik des Uniklinikums Erlangen. Gibt es eine „Einsamkeits- epidemie“? In den vergangenen Jahren haben viele Menschen unter dem ihnen auferlegten Alleinsein gelitten: ob als Folge der Coronapandemie, seit der Abstandhalten manchmal wichtiger ist als eine Umarmung, oder im Rahmen von Home- officeregelungen. Seit Jahren hält der Trend zum Singlehaushalt an und auch unsere räumliche Mobilität, Onlineeinkäufe und Co. minimieren soziale Kontakte. „Obwohl wir eine leichte Zunahme der Einsamkeit in der Bevölkerung feststellen, sind wir von einer ‚Einsamkeitsepidemie‘ noch weit entfernt“, so Prof. Kornhuber.

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