Gesundheit erlangen - Sommer 2024

52 | Kopfsache es wichtig, dass sie von lieben Menschen unterstützt und im Ernstfall verteidigt werden. Und natürlich spielt auch Sympathie eine Rolle. Wir vermitteln unseren Patientinnen und Patienten, dass man sich für Freundschaften und Familie Zeit nehmen und ihnen Priorität einräumen muss. Man kann lernen, eine gute Freundin oder ein guter Freund zu sein und muss auf jeden Fall auch etwas investieren. Und was ist mit Menschen, die sich mit sozialen Beziehungen schwertun? Viele warten darauf, dass das Gegenüber sie anruft oder eine Nachricht schreibt. Stattdessen sollten sie selbst die Initiative ergreifen, also auch mal nachhaken, wenn ein- oder zweimal keine Antwort auf Whats- App kam, oder selbst eine Einladung aussprechen, statt diese vom anderen zu erwarten. Und natürlich lassen sich in jedem Alter neue Bekanntschaften knüpfen. Das geht am einfachsten über Vereine oder andere Interessensgruppen. Im digitalen Zeitalter sind aber auch Apps wie „Lebensfreunde“, „Meetup“ oder „nebenan.de“ eine gute Möglichkeit, um Anschluss zu finden. Das empfehlen wir auch unseren Patientinnen und Patienten, die unter ihrer Einsamkeit leiden. Manchen hilft es auch schon, indirekt mit anderen in Kontakt zu sein, etwa im Café oder im Park. Auch ein kleiner Plausch mit dem Kassierer im Supermarkt oder mit der Postbotin kann guttun. Woran liegt es, dass wir oft lieber auf das Gegenüber warten, anstatt selbst zu handeln? Menschen gehen manchmal nicht auf andere zu, weil sie denken, das Gegenüber möge sie nicht. Diese Annahmen entsprechen aber oft nicht der Realität. Wenn jemand das Gefühl hat, einen peinlichen Auftritt hingelegt zu haben, fokussiert sich die Person sehr auf diese eine Situation; andere hingegen würden sich nur daran erinnern, wenn diese Peinlichkeiten öfter vorkämen. Man nimmt Fortsetzung von S. 51 unter Angststörungen oder Depressionen. Insgesamt führt Einsamkeit tatsächlich zu einer erhöhten Sterblichkeit in der Bevölkerung. Man kann sogar sagen, Einsamkeit ist in etwa so gesundheitsschädlich wie Rauchen. In einer Stadt wie Erlangen bedeutet das, dass jährlich rund 2.000 Menschen zusätzlich versterben, weil sie sich sehr allein fühlen. Gibt es auch Menschen, die keine Freunde haben wollen? Bestimmte Persönlichkeitstypen sind lieber allein als in Gesellschaft oder tun sich schwer, mit anderen umzugehen. Dazu gehören beispielsweise Menschen mit Autismus oder schizoider Persönlichkeitsstörung. Sie empfinden in der Regel keine Freude an zwischenmenschlichem Kontakt. Aber auch Gesunde haben eine Grenze: Zu viele gemeinsame Aktivitäten können auch zu Stress führen. Wie helfen Sie einsamen Patientinnen und Patienten? Mit Psychoedukation, kognitiver Verhaltenstherapie und Sport arbeiten wir mit den Betroffenen gemeinsam daran, die Einsamkeit zu überwinden. Studien haben gezeigt, dass Bewegung oder der Aufenthalt in der Natur das Einsamkeitsgefühl ebenso mindern wie das In-Kontakt-Treten mit anderen. Zu unserer Behandlung gehört aber auch, dass wir die Patientinnen und Patienten dazu motivieren, neue Freundschaften zu knüpfen oder alte wieder aufleben zu lassen. Wie gelingt Ihnen das? Zunächst zeigen wir ihnen auf, wie wertvoll soziale Beziehungen sind – egal, ob es sich um Familie, Freundinnen, Freunde, gute oder flüchtige Bekannte handelt: Wir tauschen uns mit unseren Kontakten über Erlebnisse aus, teilen Geheimnisse, holen Rat ein und verbringen allgemein gern Zeit mit ihnen. Oft weisen Freunde gewisse Ähnlichkeiten auf, charakterlich oder was die Werte angeht. Das kann aber auch die Herkunft sein, ein gemeinsames Hobby oder ein Ehrenamt. Vielen ist

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