Gesundheit erlangen - Herbst 2024

| 21 Feature Im Herzen der Intensivmedizin „Mein eigenes Gehirn hat mich fast umgebracht – aber ich habe gewonnen.“ Das steht auf Englisch auf dem T-Shirt von Andreas R. Seine Familie hat es für ihn bedrucken und das Team der Neuro-Intensivstation des Uniklinikums Erlangen darauf unterschreiben lassen. Für die Zeit nach dem Krankenhaus. Jetzt, im Juni 2024, liegt der 29-Jährige noch in seinem Bett, angeschlossen an die Beatmungsmaschine und umgeben von piependen Monitoren, Schläuchen und einem fahrbaren Ständer, der mit verschiedenen Schmerz- und Infusionspumpen bestückt ist. Seit knapp zwei Wochen liegt er hier, wurde ins künstliche Koma versetzt. „Damit sein Gehirn sich erholen kann“, sagt seine jüngere Schwester Jasmin R. Es ist 15.30 Uhr und trubelig in dem Vierbettzimmer, denn auch die anderen Patientinnen und Patienten haben Besuch, die Pflegekräfte laufen von hier nach da und dann ist da noch das Redaktionsteam. „Andreas war gerade unterwegs zu einer Freundin. Er rief mich auf einem Parkplatz an und sagte, ich solle sofort zu ihm kommen, weil es ihm nicht gut geht“, berichtet seine Mutter Kornelia R. Als sie schließlich bei ihm war, lag ihr Sohn bereits im Rettungswagen, ein Mundwinkel hing nach unten. Die Ärztinnen und Ärzte in der Notaufnahme der Erlanger Kopfkliniken bestätigten den Verdacht auf Schlaganfall. Ausgelöst wurde er durch eine Sinusvenenthrombose, also ein Gerinnsel im Gehirn. Die Nacht verbrachte der Industriemeister auf der Stroke-Unit, einer Station speziell für Schlaganfälle; eine baldige Entlassung war geplant. „Wir waren guter Dinge, dass Andreas mit einem blauen Auge davonkommt. Aber dann musste er notoperiert werden, weil sein Hirndruck so hoch war, dass es zu Blutungen im Gehirn kam“, schildert Kornelia R. „Seitdem liegt er auf der Neuro-Intensivstation.“ Der junge Mann, der wohl seit seiner Geburt an einer Gerinnungsstörung leidet, die die Thrombose ausgelöst hat, bekommt täglich Besuch. „Es geht einem natürlich schon ans Herz, das eigene Kind so zu sehen, die eigenen Kräfte lassen irgendwann nach“, berichtet Kornelia R. Das Team der NeuroIntensivstation reduziert aktuell nach und nach die Sedierung von Andreas R., denn er ist stabil und soll in einigen Tagen aufwachen. „Manchmal bewegt er schon seine Hände oder öffnet ganz kurz die Augen“, sagt Jasmin R., und es ist spürbar, wie stolz sie auf die Fortschritte ihres Bruders ist. Erwartet hatte die 27-Jährige, dass sie die Intensivstation nur mit Mundschutz und Haube betreten darf. „Aber alles ist hier so offen, man hat fast das Gefühl, das ist eine normale Station – bis auf das Piepsen, die Monitore und die Schläuche vielleicht.“ Mama Kornelia ergänzt: „Das Team → NEURO-INTENSIVSTATION Nach einer Epilepsie-Operation, einer Tumorentfernung im Kopf oder einer Not-OP aufgrund eines Aneurysmas kommen Patientinnen und Patienten auf die Neuro-Intensivstation. Hier werden sie mit besonders großer Fürsorge gepflegt. Die Angehörigen dürfen sich dabei gezielt mit einbringen. Ein Besuch. VON ALESSA SAILER

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