Gesundheit erlangen - Herbst 2024

| 33 Medizin die Nase in der Luftröhre, wenn wir kurzfristig beatmen, oder durch einen Luftröhrenschnitt, wenn wir länger beatmen.“ Im Gegensatz zur Eisernen Lunge arbeiten moderne Beatmungssysteme ausschließlich mit Überdruck und pumpen aktiv Luft in die Lunge. „Heutzutage streben wir außerdem immer an, die Patientinnen und Patienten frühzeitig zum Beispiel an der Bettkante zu mobilisieren, damit die Muskeln nicht zu sehr abbauen. Wer damals allerdings in der Eisernen Lunge lag, konnte sich nicht bewegen“, so Niklas Carbon. Denn: War die Druckkammer nicht luftdicht verschlossen, bedeutete das keine Atmung. Heute werden die meisten Patientinnen und Patienten nur kurz beatmet, beispielsweise im Rahmen einer OP-Narkose. Je nach Erkrankung kann aber auch eine längere Beatmung notwendig sein (s. Kasten). Zur eigenen Atmung zurück Während bei der Eisernen Lunge ein vorgegebener regelmäßiger Druckwechsel für eine kontrollierte Atmung sorgte, können heutige Beatmungssysteme den Patienten bzw. die Patientin mit einbeziehen: Moderne Geräte erkennen, wann die Person einatmen möchte. „In der heutigen Langzeit- und Intensivbeatmung versuchen wir, die Patienten möglichst früh wieder in die Spontanatmung zu überführen“, erläutert der Facharzt. „Sie fangen also an, selbst zu atmen, haben aber entweder noch nicht genug Kraft oder die Lunge braucht noch mechanische Unterstützung, um sich zu entfalten.“ Deshalb gibt es oft eine Mischung aus patienteneigener Atmung und künstlicher Beatmung. „Das ist der Ansatzpunkt für unsere aktuelle Forschung“, sagt der Facharzt, „denn wir wollen immer besser verstehen, was der Patient selbst tut, also wie viel Kraft er hat, zu welchem Zeitpunkt er einatmen möchte und wie lange.“ Danach will Niklas Carbon herausfinden, wie gut die patienteneigene Atmung und die maschinelle Beatmung zusammenpassen, damit sie sich schließlich perfekt aufeinander abstimmen lassen. „Durch eine bessere Messung der patienteneigenen Atemanstrengung wollen wir das Zusammenspiel zwischen Beatmungsgerät und Patient verbessern. Patientinnen und Patienten sollen so schneller von der Beatmung entwöhnt und in ihrer Selbstständigkeit unterstützt werden“, so Niklas Carbon. Niklas Carbon zeigt ein modernes, kompaktes Beatmungssystem: Anhand der Phantomlunge, die er hier hält, kann zu Schulungszwecken z. B. eine zu hohe Atemfrequenz simuliert werden – das Gerät löst dann Alarm aus, piepst und der Monitor blinkt rot. Video: Beatmung gestern und heute www.gesundheit-erlangen.com Langzeitbeatmung In der modernen Medizin spricht man je nach Definition ab ca. 14 Tagen von Langzeitbeatmung. „Es gibt Menschen, die über Jahre beatmet werden. Manche von ihnen wohnen zum Beispiel in einer Beatmungs-WG“, sagt Niklas Carbon. Diese Wohngemeinschaften werden von einem speziellen Pflegedienst betreut und bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern ein großes Maß an Selbstständigkeit. Langfristig beatmet werden z. B. Menschen, die aufgrund einer Lähmung nicht (mehr) selbstständig atmen können, oder Intensivpatientinnen und -patienten, die im Koma liegen. Wer unter der chronischen Lungenerkrankung COPD leidet, wird in der Regel nur bei akutem Bedarf oder nachts beatmet, damit sich die Atemmuskulatur zwischenzeitlich erholen kann.

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