Gesundheit erlangen - Herbst 2024

| 39 Menschen „Das war nicht in Amerika, das war nicht an der Charité, sondern das ist hier in Erlangen passiert“, verdeutlichte Prof. Dr. med. univ. Georg Schett bei einer Pressekonferenz im Juli 2024 am Uniklinikum Erlangen. Gemeint hat der Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie eine CAR-T-Zell-Therapie bei einem 15-jährigen Mädchen mit der Autoimmunerkrankung Systemischer Lupus Erythematodes (SLE). Die zellbasierte Immuntherapie war zuvor noch nie bei einer minderjährigen SLE-Patientin angewandt worden – das Erlanger Behandlungsteam wagte dies weltweit zum ersten Mal. Uresas Symptome hatten im Herbst 2022 begonnen. „Ich konnte nicht mehr richtig laufen, meine Beine waren sehr schwach“, berichtet die heute 16-Jährige. „Dazu hatte ich sehr starke Kopfschmerzen. Mein Kinderarzt hat gesagt, ich habe Migräne. Danach kam der typische Schmetterlingsausschlag im Gesicht. Da wusste mein Arzt, dass es Lupus ist.“ Die Teenagerin bekam Fieber, hatte zu wenig roten Blutfarbstoff, herabgesetzte Werte bei bestimmten Proteinen, die an der Immunabwehr beteiligt sind, und erhöhte Autoantikörper, die sich gegen ihr gesundes Gewebe richteten. In einer externen Klinik wurde die SLE-Diagnose bestätigt. Es folgten Therapien mit zahlreichen Medikamenten, die allerdings Uresas Leber angriffen. Trotz intensiver Behandlungen verschlechterte sich ihr Zustand – vor allem die Nierenwerte. Diese Nierenbeteiligung, bekannt als Lupusnephritis, tritt bei über 50 Prozent der SLEBetroffenen auf. Bei Kindern und Jugendlichen verläuft die Autoimmunerkrankung häufig aggressiver als bei Erwachsenen – so auch bei Uresa. Als Ende 2022 der Kinderrheumatologe Dr. Tobias Krickau ihre Behandlung in der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen übernahm, begann er mit für Minderjährige zugelassenen Tabletten und monatlichen Infusionen, die das überschießende Immunsystem hemmen sollten. Aber die Funktion von Uresas Nieren verschlechterte sich rasant. „Das Organ konnte die Flüssigkeit nicht mehr aus dem Körper transportieren und sie bekam ausgeprägte Wassereinlagerungen. Beine, Hände, Füße, Gesicht – alles schwoll extrem an. Dazu entwickelte sie Bluthochdruck“, erklärt Oberarzt Dr. Krickau. Ab März 2023 war die Teenagerin mehr in der Klinik als zu Hause. „Gemeinsam mit der Kindernephrologie versuchten wir als Nächstes eine hochgradig immunsuppressive Chemotherapie gegen ihre akute Nierenerkrankung, doch auch damit trat keine Besserung ein“, rekapituliert Tobias Krickau. Innerhalb weniger Monate mussten die Erlanger Ärzte und Ärztinnen dabei zusehen, wie „ihnen der Lupus davonlief“, wie Dr. Krickau sagt. „Uresa hatte enorm viele Entzündungsbotenstoffe im Körper. Mit Plasmapheresen wollten wir die schädlichen Autoantikörper aus ihrem Blut waschen – zwei Wochen lang, jeden Tag.“ Aber die Nieren bauten weiter ab, bis sie schließlich ganz versagten und Uresa an die Dialyse musste. Das Mädchen aus Oberfranken war zu dieser Zeit permanent in der Klinik – isoliert von Freundinnen und Familie, was ihr sehr zusetzte. „Ich mag keine Krankenhäuser, ich wollte da einfach nicht mehr sein“, erinnert sich die Teenagerin. „Ich habe nichts mehr für sie“ Doch Dr. Krickau stand mit dem Rücken zur Wand. „Ich habe nichts mehr, was ich ihr geben kann“ – mit diesem Satz wandte sich der Kinderrheumatologe an das Team der Pädiatrischen Onkologie, um die Möglichkeit einer CAR-T-Zell-Therapie auszuloten. Die gentechnisch veränderten Zellen (s. Kasten auf S. 40) kommen bisher nur bei Blut- oder Lymphknotenkrebs und im Rahmen von Studien bei Erwachsenen mit bestimmten fortgeschrittenen Autoimmunerkrankungen zum Einsatz. „Bei Kindern werden CAR-T-Zellen bisher ausschließlich bei Krebserkrankungen angewandt und es gibt keine Erfahrungen bei Autoimmunerkrankungen in diesem jungen Alter. Deswe- gen verlangt eine solche erste Anwendung ein besonders hohes Maß an Vorbereitung und Risikoabwägung“, →

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