Gesundheit erlangen - Herbst 2024

54 | brach hatte 10.500 Patientenkontakte im Jahr 2023. Diese könnten von der permanent ausgelasteten Notaufnahme des nahegelegenen Maximalversorgers niemals zusätzlich abgearbeitet werden. An dieser Stelle muss auch ein Grundproblem angesprochen werden: In großen Teilen der Bevölkerung gibt es fast keine „Gesundheitskompetenz“ mehr. Die Menschen – vor allem jüngere – fragen bereits bei leichten Symptomen nach ärztlicher Hilfe. Dies führt zu einer permanenten Überlastung der Ärzt*innen – nicht nur im Krankenhaus. In der Nachkriegsgeneration wären 18-Jährige nicht auf die Idee gekommen, am ersten Tag eines fieberhaften Infekts die Notaufnahme eines Krankenhauses aufzusuchen – geschweige denn, sich mit einem Rettungswagen einliefern zu lassen. Hier muss die Politik ansetzen: Nötig ist, Geld und Arbeit in Aufklärung und Stärkung eines verantwortungsvollen Umgangs mit der eigenen Gesundheit zu investieren und - in die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Und ja – es muss mehr Gesundheitskompetenz von jedem einzelnen Menschen gefordert werden. Ob die aktuellen Pläne von Karl Lauterbach, die u. a. auf mehr telefonische Betreuung und Telemedizin setzen, eine solche bringen, ist offen. Nach Meinung des Autors können diese einen wichtigen Beitrag dazu leisten – als alleinige Maßnahmen sind sie aber nicht ausreichend. Der derzeitige Ansatz des Bundesministeriums für Gesundheit, durch die Forderung von nicht-erfüllbaren Personalvorgaben die Schließung von Notaufnahmen in kleinen Krankenhäusern zu erzwingen, wird unweigerlich in einem Versorgungschaos münden. Wie gesagt: Die 10.500 Patient*innen sind da und sie müssen versorgt werden. Die Antwort auf die Frage: „Von wem?“ ist uns die Politik bislang noch schuldig geblieben. Advertorial Die Reform der Notfallversorgung aus der Sicht eines Grundversorgers: eine Meinung Dies betrifft im Rahmen der Krankenhausreform zum einen die Notaufnahmen der Kliniken, zum anderen ist aber auch eine grundlegende Reform der Rettungsdienste und der Organisationsstrukturen der Rettungsleitstellen geplant. Der Bundesgesundheitsminister erhofft sich von den Änderungen „Einsparungen, Entlastung von medizinischem Personal und eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten.“ In einem Punkt sind sich alle einig, die an einer Patientenversorgung beteiligt sind: Eine Reform ist zwingend notwendig! Die Frage ist nur, in welcher Form eine so große Aufgabe angegangen werden sollte. Das Vorgehen mit der Brechstange - ohne Einbeziehung der Expertise der Fachgesellschaften und ohne Schaffung der Voraussetzungen für alternative Versorgungsstrukturen - ist nach Meinung des Autors der falsche Weg. Die Patient*innen sind ja da – jeden Tag. Und wenn es eine Neuordnung geben soll, die auch die Schließung von Standorten beinhaltet, muss die alternative Versorgung der Patient*innen bereits vor der Umsetzung der Maßnahmen gesichert sein. Ganz konkret bedeutet das: wenn die Schließung einer Notaufnahme an einer kleinen Klinik im ländlichen Bereich aus ökonomischen Gründen notwendig wird, muss im Vorfeld u. a. die hausärztliche Versorgung bzw. die Versorgungsmöglichkeiten der niedergelassenen Fachärzt*innen so ausgebaut werden, dass die Patient*innen lokal eine gleichwertige Behandlung erhalten. Hierbei muss betont werden, dass auch die Notaufnahmen in kleineren Kliniken durchaus vielfältige Aufgaben wahrnehmen. Aber auch, wenn man nur die wirklichen Notfall-Patient*innen, die schwer oder lebensbedrohlich verletzt bzw. erkrankt sind, betrachtet: Dies kann durch Ärzt*innen im niedergelassenen Bereich nicht rund um die Uhr in gleicher Qualität geleistet werden. Da es in solchen Fällen um Minuten gehen kann, ist eine Schließung von Standorten insgesamt kritisch zu sehen und muss politisch verantwortet werden. Aber auch die nicht-lebensbedrohlich erkrankten Patient*innen müssen versorgt werden. Die Notaufnahme an der Steigerwaldklinik Burge- „Lauterbach plant Reform der Notfallversorgung“, titelte der Bayerische Rundfunk im Januar 2024 Autor: Dr. Oliver Kuckein Facharzt für Anästhesiologie, Notfallmedizin, Intensivmedizin, Ärztlicher Leiter Intensivmedizin/Zentr. Notaufnahme STEIGERWALDKLINIK BURGEBRACH

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