Gesundheit erlangen - Frühling 2025

24 | Medizin Fortsetzung von S. 23 dem Körpergewicht von Patientinnen und Patienten berechnet. Entscheidender ist aber meist zunächst die Einschätzung, ob eine Krankheit aktiv ist und ob Organe bedroht sind oder im schlimmsten Fall das Leben. Bei Kindern sind neben den bei Erwachsenen auftretenden Nebenwirkungen auch die Folgen für das Wachstum zu beachten, besonders, was die Knochen betrifft. Stichwort Nebenwirkungen: Womit ist bei einer Kortisontherapie zu rechnen? Dr. Wacker: Bei einer oralen Therapie kommt es nach einigen Wochen zu einer Umverteilung des Körperfetts mit typischen Merkmalen wie Mondgesicht, Fetteinlagerungen an Oberkörper, Bauch und Hüfte und dünnen Armen und Beinen – dem sogenannten Cushing-Syndrom. Zudem kann Kortison den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen und das Risiko für Diabetes steigern. Osteoporose und Muskelschwäche sind häufige Folgen, die das Sturz- und Frakturrisiko erhöhen. Das HerzKreislauf-System kann ebenfalls leiden, da Bluthochdruck und Thrombosen auftreten können. Darüber hinaus führt die Unterdrückung des Immunsystems zu einer gesteigerten Infektanfälligkeit. Auch die Psyche bleibt nicht unbeeinflusst – einige Patientinnen und Patienten entwickeln Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen. Prof. Sticherling: Aus dermatologischer Sicht sind Dehnungsstreifen, eine verzögerte Wundheilung, eine erhöhte Infektionsrate und das Dünnwerden der Haut typische Nebenwirkungen nach mehreren Wochen der Kortisonanwendung. Von einer Verdünnung kann sich die Haut meist nur dann erholen, wenn sie noch nicht sehr ausgeprägt ist und die Haut nach ärztlicher Absprache entsprechend gepflegt wird. Wie lassen sich diese Risiken minimieren? Prof. Sticherling: Entscheidend ist, die Kortisondosis schrittweise zu reduzieren – natürlich immer unter ärztlicher Aufsicht. Grundsätzlich gilt: Je länger Kortison eingenommen wurde, desto langsamer sollte es ausgeschlichen werden. Wird es nämlich zu abrupt abgesetzt, kann es zu Müdigkeit, Kreislaufproblemen und selten sogar zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen, insbesondere, wenn das Kortison über einen längeren Zeitraum oder in hoher Dosis eingenommen wurde. Darüber hinaus kann die behandelte Krankheit durch schlagartiges Absetzen erneut ausbrechen. Dr. Wacker: Eine gesunde Lebensweise kann vie- le Nebenwirkungen von Kortison abschwächen. Grundsätzlich sind eine kalziumreiche Ernährung, Bewegung, wenig Zucker und wenig Salz zu empfehlen. Existieren gute Kortisonalternativen? Dr. Wacker: Ja, ein Beispiel sind sogenannte Biologika – speziell entwickelte Eiweißstoffe, die unter anderem bei Rheuma, Asthma, Neurodermitis und Morbus Crohn entzündungsfördernde Botenstoffe blockieren können. Da Biologika gezielt auf das Immunsystem wirken, ist das Risiko für Nebenwirkungen verglichen mit einer Kortisonbehandlung deutlich reduziert. Prof. Sticherling: Trotzdem ist Kortison wegen seiner schnellen Wirksamkeit im akuten Fall noch immer sinnvoll, sollte aber im Behandlungsverlauf bestenfalls von Alternativen abgelöst werden. Möglich ist das, wenn die Krankheit gut kontrollierbar und die Kortisontherapie nicht lebensnotwendig ist. Gibt es Entwicklungen, die eine verbesserte Anwendung von Kortison versprechen? Prof. Sticherling: Kürzlich wurden synthetische Kortisonabkömmlinge entwickelt, die bei der derMerksatz Für Kortison gilt: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Eine kurzzeitige Einnahme ist in der Regel unbedenklich.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw