| 19 Titel Gedämpfte Gespräche im Hintergrund, leise Schritte auf dem Boden. Ab und an durchschneidet ein Piepsen die Luft – kurz und präzise, mechanisch. Die Menschen im Dialysebereich der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie des Uniklinikums Erlangen kommen regelmäßig hierher – viele von ihnen bereits seit Jahren. Die meisten teilen einen gemeinsamen Wunsch: Sie hoffen darauf, dass irgendwo eine neue Niere für sie gefunden wird. Ein Spenderorgan, das sie vom Dialysegerät befreit und zurück ins Leben bringt. Einer von ihnen ist Stefan W. aus der Nähe von Bayreuth. Im Alter von sechs Jahren bekam Stefan W. erstmals Probleme mit den Nieren; mit 20 Jahren versagten sie vollständig: Sie befreiten das Blut nicht mehr ausreichend von Schadstoffen und körperfremden Substanzen. Sein Körper drohte zu vergiften. Seine einzige Rettung: die Dialyse. „An Weihnachten 2008 haben sie mich am Uniklinikum in Erlangen zum ersten Mal an die Dialyse angeschlossen. Das ist jetzt über 16 Jahre her“, erinnert sich der heute 36-Jährige. Während Gleichaltrige das Nachtleben erkundeten, fuhr Stefan W. ins Dialysezentrum – erst nach Erlangen, später zum KfH-Nierenzentrum in Bayreuth, wo er bis heute in Behandlung ist. Etwa dreimal die Woche übernahm ein Gerät in der Nacht die Funktion seiner Nieren, leitete das Blut über einen Shunt – einen chirurgisch angelegten, dauerhaften Zugang zum Blutkreislauf – aus dem Körper, filterte es mittels einer Membran und beförderte es anschließend zurück in die Blutbahn. 40-Stunden-Woche für die Dialyse Die Dialyse sicherte das Überleben des Patienten. Sie bedeutete aber auch: Dreimal die Woche in einem fremden Bett schlafen und am nächsten Morgen körperlich erschöpft sein. „Dialyse ist wie Ausdauersport“, zieht der Oberfranke eine Parallele. „An manchen Tagen merkst du nichts, an anderen bist du völlig geplättet. Das ist tagesformabhängig.“ Viel Zeit für anderes blieb nicht: „Dreimal die Woche war ich für sieben bis acht Stunden an der Dialyse. Davor und danach musste ich zusätzlich eine Stunde für die An- und Rückfahrt einplanen. Das macht etwa 30 Stunden pro Woche. Morgens war ich erschöpft und musste mich ausruhen, oft habe ich deshalb erst ab Mittag gearbeitet. Das kostete mich noch mal um die zehn Stunden“, rechnet der 36-Jährige vor. „Alles in allem nimmt die Blutwäsche wöchentlich also etwa 40 Stunden in Anspruch.“ Die Dialyse als Fulltime-Job, und das obwohl Stefan W. eigentlich Vollzeit als Fahrlehrer arbeitet. „Sie können es sich vorstellen wie einen Hund an der Leine. Er kann sich bewegen, aber ganz frei ist er nicht“, beschreibt der Patient. →
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