12 |Titel Jettes kleiner Supercomputer DIABETES BEI KINDERN Im November 2022 stellt eine Typ-1-Diabetes-Diagnose das Leben von Jette und ihrer Familie auf den Kopf. Doch die Zehnjährige verliert weder Mut noch Lebensfreude. Eine Insulinpumpe ist seitdem ihre treue Begleiterin. VON MAGDALENA HÖGNER „Ein Brötchen hat 32 Gramm Kohlehydrate, ein Laugenhörnchen 47, ein Wassereis fünf“, zählt Jette auf. Sie könnte die Liste noch stundenlang fortführen. Mit nur zehn Jahren kennt das Mädchen den Kohlehydratgehalt sehr vieler Lebensmittel auswendig. Denn: Jette hat Typ-1-Diabetes und muss darauf achten, dass ihr Blutzuckerspiegel auf einem einigermaßen konstanten Niveau bleibt. Und zwar jeden Tag, rund um die Uhr. „Diabetes wird oft mit älteren Menschen in Verbindung gebracht, dabei erkranken hierzulande auch immer mehr Kinder und Jugendliche daran“, erklärt PD Dr. Johanna Hammersen, Oberärztin im Fachbereich Pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselmedizin der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen. „Während bei Erwachsenen oft ein Typ-2-Diabetes vorliegt, ist bei Kindern und Jugendlichen der Typ-1-Diabetes die häufigste Form des Diabetes mellitus. Etwa eine von 250 Personen ist im Lauf des Lebens von Typ-1-Diabetes betroffen – Tendenz steigend.“ Der Schlüssel schließt nicht mehr Sowohl bei Diabetes Typ 1 als auch bei Typ 2 ist der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht, weil dessen körpereigene Regulation durch das Hormon Insulin gestört ist; die Körperzellen werden nicht mehr ausreichend mit dem Einfachzucker Glukose – also Energie – versorgt. „Insulin funktioniert wie ein Schlüssel, der die Türen im Gewebe öffnet, also beispielsweise Muskelzellen, damit der Zucker aus dem Blut in das Zellinnere gelangen kann“, beschreibt die Kinderärztin. „Bei Typ-2-Diabetes sind diese Körperzellen aber gegenüber dem körpereigenen Insulin resistent geworden – der Schlüssel passt nicht mehr ins Schloss. Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich hingegen um eine Autoimmunerkrankung, aufgrund derer die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produzieren können – der Körper ist folglich nicht mehr in der Lage, den Schlüssel herzustellen. Und auch die Blutzuckermessung funktioniert nicht mehr regelhaft.“ Auch Jettes Körper stellte die Insulinbildung plötzlich ein: Bei einer Vorsorgeuntersuchung im November 2022 bemerkte der Kinderarzt, dass der Zuckerwert im Urin der damals Siebenjährigen deutlich erhöht war. Daher überwies er Jette an die Kinderklinik in Erlangen. Der Verdacht: Typ1-Diabetes. „Die Ärzte haben mich in den Finger gepiekst“, erinnert sich das Mädchen. „Dann haben sie Blut abgenommen und ich musste zehn Tage auf Station bleiben.“ Glück im Unglück „Jette hatte Glück – denn oft bleibt die Krankheit unentdeckt, bis Betroffene eine sogenannte Keto- azidose erleiden. Das heißt, der Stoffwechsel ent-
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