| 19 Titel Vernachlässigung oder Misshandlungen erfahren oder schwer traumatisiert werden, kann sich das auf ihre Größe auswirken“, weiß Prof. Wölfle. „Wir sprechen dann von psychosozialen Wachstumsstörungen. Es ist oft gar nicht so leicht, diese von hormonellen oder anderen Wachstumsstörungen abzugrenzen. Ich bin überzeugt, dass wir Kinderärzte und -ärztinnen dahingehend noch aufmerksamer sein müssen.“ Am Uniklinikum Erlangen ist u. a. eine Kinderschutzgruppe speziell dafür geschult, Kindeswohlgefährdungen zu erkennen. An das Ullrich-Turner-Syndrom denken Seit Jahren sensibilisiert der Endokrinologe zudem für das seltene Ullrich-Turner-Syndrom. Mädchen fehlt bei diesem Krankheitsbild ein X-Chromosom teilweise oder vollständig. „Bei ihnen macht sich dann in der Regel vor der Einschulung eine Wachstumsstörung bemerkbar. Dazu kommen später nicht selten Auffälligkeiten beim Hören, häufige Mittelohrentzündungen, Probleme mit den Eierstöcken oder dem Herzen. Kinderärztinnen und -ärzte sollten also hellhörig werden, wenn diese Dinge zusammenkommen. Das durchschnittliche Diagnosealter von acht Jahren ist noch immer zu hoch“, findet der Experte. Eine Therapie mit Wachstumshormon, wie sie Moritz wohl noch bis zum 16. Lebensjahr bekommt, ist meist sehr gut verträglich. „Eine ausführliche Beratung zu möglichen Nebenwirkungen und zu einer realistisch erreichbaren Endlänge ist für uns immer essenziell. Die Größe der Eltern gibt dabei maßgeblich den Korridor vor, in dem sich das Kind später bewegen wird“, betont Prof. Wölfle. Aktuell sieht es so aus, als ob Moritz 1,79 m werden könnte – und damit sogar noch etwas größer als sein Vater. ßer zu werden – vorausgesetzt, er spürt keine Nebenwirkungen und kommt mit dem Spritzen gut zurecht“, erklärt sein Vater Sven Feilner. Bis heute verabreicht er seinem Sohn das Hormon jeden Abend vor dem Schlafengehen. „Das dauert nicht mal eine halbe Minute und ist für mich ganz normal“, sagt der Junge gelassen. Mittlerweile misst der Sechstklässler über 1,40 m und ist damit ähnlich groß wie Gleichaltrige. „Zur Einschulung war das noch anders“, erinnert sich Sven Feilner. „Da kam eine Reihe Schülerinnen und Schüler auf einer Höhe, und dann gab es einen steilen Knick nach unten – da stand Moritz.“ Der Junge erfuhr Zuspruch von seinen Eltern und war mental stark genug, um zu verarbeiten, dass er beim Schulfußball öfter von größeren Mitspielern zur Seite gedrängt wurde. Den Umständen nicht gewachsen Doch weniger selbstbewusste Kinder kann ihr Kleinwuchs seelisch stärker belasten. „Deshalb ziehen wir in der Regel auch psychologische Unterstützung hinzu“, betont Prof. Wölfle. Aber der Zusammenhang besteht auch umgekehrt, denn: Den Umständen im wahrsten Sinne nicht gewachsen sind Kinder, die unter sehr schwierigen Bedingungen leben. „Wenn sie emotionale oder körperliche Endlängenprognose Mithilfe einer Röntgenaufnahme der linken Hand berechnen Kinderärztinnen und -ärzte, „wo die Reise der Körpergröße hingeht“, wie Prof. Wölfle sagt. Besonders im Fokus: die Handwurzelknochen und die Wachstumsfugen der Finger. An ihnen lässt sich das Knochenalter ablesen. Liegt es hinter dem Lebensalter, bleibt – vereinfacht gesagt – noch Zeit zum Wachsen; ist das Knochenalter voraus, ist das Längenwachstum früher beendet. Kinderklinik Sprechstunde für Endokrinologie Telefon: 09131 85-33735 www.uker.de/ki-endo-diabetes
RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw