Gesundheit erlangen - Herbst 2025

34 | Medizin Zwei Männer, ein Schmerz – 60 Jahre Unterschied Werner Forßmann ist nicht aufzuhalten. 1929 fragt sich der junge Assistenzarzt: Könnte man das Herz denn nicht durch die Blutgefäße erreichen, von innen? Seine Vorgesetzten halten das für lebensgefährlich und verbieten ihm jegliche Eingriffe an Patientinnen oder Patienten. Werner Forßmann wägt ab, schmiedet heimlich einen Plan und schreitet schließlich zur Tat – „der Tat, die mein Schicksal wurde“, wie er später sagte: Er schiebt sich selbst einen Katheter über die Armvene in Richtung Herz, geht damit in den Röntgenraum, prüft die Position und führt den Katheter weiter bis zur rechten Herzkammer. Was waghalsig klingt, ist der Ursprung der heutigen Herzkatheterdiagnostik. Werner Forßmann wird 1956 mit André Frédéric Cournand und Dickinson Woodruff Richards mit dem Medizin-Nobelpreis geehrt. Doch bis sich per Herzkatheter auch Herzinfarkte behandeln lassen, sollen noch Jahrzehnte vergehen. HILFE BEI HERZINFARKT Die Anfänge des Herzkatheters reichen fast 100 Jahre zurück. Menschen mit Herzinfarkt wurden im Lauf der Zeit immer besser versorgt. Wie es Herrn M. 1965 erging und wie Herrn S. heute geholfen werden kann, zeigen folgende Schilderungen. VON FRANZISKA MÄNNEL 1965: Warten und hoffen 36 Jahre nach Forßmanns Selbstversuch, im Jahr 1965: Herr M. ist gerade 63 geworden. Als er bedrohliche Brustschmerzen und Atemnot verspürt, ruft seine Frau den Hausarzt an, den sie – außerhalb seiner Sprechzeit – nur privat zu Hause erreicht. Mit dem eigenen Auto und einer Ledertasche voller Untersuchungsinstrumente und Medikamente fährt der Arzt allein los zu Herrn M. Aufgrund der Symptome vermutet der Mediziner einen Herzinfarkt. Er verabreicht dem Patienten Nitroglycerin, um die Blutgefäße zu weiten, und fährt Herrn M. – weil es damals noch keine Rettungswagen gibt – selbst ins Krankenhaus. Denn nur dort kann ein EKG geschrieben werden, das die elektrische Aktivität des Herzens misst. Es soll die Verdachtsdiagnose weiter eingrenzen und abschätzen, wie ernst es um den Patienten steht. Das EKG- Röntgenbild von Werner Forßmanns Herzkatheter-Selbstversuch Ein Herzkatheter ist ein … … dünner Schlauch, der sich über ein Blutgefäß bis zum Herzen schieben lässt. Wird der Herzkatheter über eine Arterie in der Leiste oder am Handgelenk eingeführt, kann die Kardiologin oder der Kardiologe die Herzkranzgefäße mit Kontrastmittel sichtbar machen und zum Beispiel einen Stent einsetzen. In der Medizin 2 des Uniklinikums Erlangen werden jährlich über 3.000 Herzkatheter- eingriffe durchgeführt.

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