40 | Medizin Oft sind sie nicht mehr als ein Schatten, der die Nacht durchflattert. Geheimnisvolle Wesen wie aus einer anderen Welt, die kopfüber schlafen und im Dunkeln ihre faszinierenden Flugkünste zeigen. Doch muss man sich vor Fledermäusen eigentlich gruseln? Findling im Garten Die Kinder von Maike Schulz* aus der Nähe von Erlangen haben vor den fliegenden Tieren jedenfalls keine Angst, sondern finden sie sogar ziemlich süß. „Sie haben vor ein paar Tagen mit Freunden im Garten gespielt und auf einmal gerufen: ‚Mama, wir haben eine Fledermaus gefunden!‘ Dann stand eine Freundin meiner Tochter schon mit dem Tier in den Händen vor mir“, berichtet die 41-Jährige. Maike Schulz schickte die Kinder Hände waschen und nahm die Fledermaus dann selbst in die Hand. „Dass die Tiere Tollwut übertragen können, wusste ich da noch nicht“, sagt sie. „Erst, als wir ein Fledermausfoto per WhatsApp verschickten, meldete sich eine Freundin, die Hausärztin ist. Sie sagte, wir sollten uns wegen der Tollwutge- fahr unbedingt infektiologisch beraten lassen.“ Maike Schulz’ Weg führte sie schließlich über den ärztlichen Bereitschaftsdienst, Recherchen beim Robert-Koch-Institut und den Hausarzt zum Mikrobiologischen Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene des Uniklinikums Erlangen. „Ich war besorgt, weil die Fledermaus ja auch auf meiner Hand herumgekrabbelt war. Ob sie oberflächliche Kratzer hinterlassen, geleckt oder geknabbert hatte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Letztlich habe ich mich für eine Tollwut-Impfung entschieden“, sagt sie. Auch die Eltern des Kindes, das das Tier ebenfalls gehalten hatte, wurden von Maike Schulz umgehend informiert. „Wer eine Fledermaus findet, sollte sie – wenn überhaupt – nur mit dicken Lederhandschuhen anfassen. Das gilt auch für tote Tiere“, erklärt PD Dr. Jürgen Held, Oberarzt der Erlanger Mikrobiologie. „Und dann sollte man am besten eine fachkundige Person hinzuziehen, die sich mit Fledermäusen auskennt und in der Regel auch tollwutgeimpft ist.“ Auch Maike Schulz rief eine solche Fachberaterin an. Sie kam und nahm den kleinen Findling mit. „Die Fledermaus ist also in guten Händen“, berichtet Maike Schulz. Tollwut: nahezu immer tödlich Was sie jedoch verunsichert habe, war die beschwichtigende Haltung ihrer Hausarztpraxis und die Äußerung, in Deutschland gebe es keine Tollwut mehr. „Demgegenüber stehen die Angaben des Robert-Koch-InstiFLEDERMÄUSE Die einen finden sie niedlich, die anderen zucken bei ihrem Anblick zusammen. Wie dem auch sei: Fledermäuse können in seltenen Fällen Tollwutviren übertragen. Was also tun, wenn man den Flattertieren zu nahe kam? VON FRANZISKA MÄNNEL Das große Flattern
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