Gesundheit erlangen - Herbst 2025

| 49 Kopfsache Wie äußert sich eine Essstörung? Essstörungen wie Magersucht, Bulimie und BingeEating äußern sich durch auffällige Veränderungen im Essverhalten. Dieses spielt gemeinsam mit dem Körpergewicht im Leben der Betroffenen eine immer größer werdende Rolle. Bei Magersucht essen Betroffene extrem eingeschränkt und verlieren dadurch massiv an Gewicht – meist bis hin zum starken Untergewicht. Häufig treiben sie zusätzlich sehr viel Sport und leiden unter einer gestörten Körperwahrnehmung: Sie empfinden sich trotz Untergewicht als zu dick. Menschen mit Bulimie streben ebenfalls ein niedriges Gewicht an, erleben aber wiederkehrende Essanfälle, bei denen sie große Mengen an Nahrung zu sich nehmen. Um eine Gewichtszunahme zu verhindern, erbrechen sie danach oder kompensieren mit exzessivem Sport. Auch bei der Binge-Eating-Störung kommt es zu solchen Essanfällen, allerdings ohne Gegenmaßnahmen – oft führt das zu Übergewicht. 61 von 1.000 Von 1.000 Mädchen und Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens durchschnittlich 28 an einer BingeEating-Störung, 19 an Bulimie und 14 an Magersucht. Bei Männern und Jungen sind Essstörungen deutlich seltener, aber auch sie sind zunehmend betroffen – oft unerkannt. Verbotener Trend Seit Juni 2025 ist der Begriff #SkinnyTok zum Schutz von Kindern und Jugendlichen auf TikTok gesperrt – doch die Inhalte sind weiterhin da; sie tauchen nun unter anderen Hashtags auf. Einfluss haben solche Trends auf die Entstehung von Essstörungen? Wir alle werden durch unser Umfeld sozialisiert – und dabei spielen heute gerade bei Kindern und Jugendlichen soziale Medien wie TikTok oder Instagram eine große Rolle. Sie verbringen dort viel Zeit – oft mehrere Stunden täglich – und werden ständig mit bestimmten Schönheitsidealen konfrontiert. Das kann durchaus einen großen Einfluss auf das Körperbild und die Selbstwahrnehmung haben. Auch deshalb, weil viele der Kinder und Jugendlichen eine emotionale Bindung zu den Influencerinnen und Influencern aufgebaut haben. Inwiefern? Unsere Patientinnen und Patienten beschreiben häufig, dass sie das Gefühl haben, die Content-Creator zu „kennen“ – fast wie eine Freundin oder einen Freund. Schließlich verbringen sie online viel Zeit mit der Person beziehungsweise den Inhalten, die diese auf den Plattformen teilt. Dadurch entsteht eine gewisse emotionale Nähe. Studien zeigen, dass sich Menschen oft mit ihren Idolen identifizieren und deren Werte und Einstellungen übernehmen – beispielsweise das Schönheitsideal, das Ess- oder Sportverhalten. Das Problem: Verglichen mit der vermeintlich perfekten Welt auf Social Media fällt das Urteil über das eigene Leben oder die eigene Figur meist negativ aus. Wenn beinahe alle Kinder und Jugendlichen in sozialen Medien aktiv sind – warum entwickeln manche eine Essstörung und andere nicht? Die Vulnerabilität – also die Anfälligkeit – der Kinder und Jugendlichen variiert, je nachdem, welche individuellen Erfahrungen sie mitbringen. Auch die aktuelle Lebenssituation ist ausschlaggebend: Hat das Kind ein stabiles soziales Umfeld im realen Leben? Wichtig ist: Schönheitsideale auf Social Media können ein Risikofaktor sein – sie sind aber nie die alleinige Ursache für eine Essstörung. Welche möglichen Ursachen gibt es noch? Essstörungen sind komplexe Erkrankungen – es gibt in der Regel nicht die eine Ursache. Neben dem Schönheitsideal, das in der Gesellschaft und in den → Dr. Valeska Stonawski ist leitende Psychologin der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Erlangen.

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