18 |Titel E wie Ernährung: „Essen soll Spaß machen“ Laut einer 2022 erschienenen Leitlinie der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism sollten möglichst alle Frauen und Männer ab 65 Jahren auf eine Mangelernährung hin untersucht werden – vor allem dann, wenn sie länger in einer Pflegeeinrichtung oder im Krankenhaus verbringen, chronische Erkrankungen haben oder ungewollt Gewicht oder den Appetit verlieren. Die Gefahr: Eine unzureichende Nährstoff- und Energiezufuhr schwächt den Körper und macht ihn gebrechlicher und anfälliger für Krankheiten. Wunden heilen schlechter, Operationen führen eher zu Komplikationen. Was ist Mangelernährung? Ein Mensch ist mangelernährt, wenn sein BodyMass-Index (BMI = Körpergewicht : [Körpergröße]²) unter 20 (jünger als 70 Jahre) bzw. unter 22 (älter als 70 Jahre) sinkt und er parallel dazu nennenswert abgenommen hat. Das heißt: Das Körpergewicht ist entweder innerhalb von sechs Monaten um fünf Prozent gesunken oder über längere Zeit um zehn Prozent. Auch der Abbau von Muskelmasse und Kraft ist entscheidend. Denn oft verändert sich im Alter die Körperzusammensetzung so, dass der Muskelanteil ab- und der Fettanteil zunimmt. Demnach können auch Normal- oder Übergewichtige mangelernährt sein. Muskelaufbau ist deshalb auch im Alter noch sehr wichtig. Essen als Genuss „Entscheidender als Kalorienzählen ist, dass Essen Spaß macht – erst recht im Alter“, betont PD Dr. Moritz Leppkes von der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie des Uniklinikums Erlangen. „Das wird aber schwieriger, wenn Geruchs- und Geschmackssinn nachlassen oder wenn neurodegenerative Erkrankungen dazukommen. Parkinson kann zum Beispiel zu Magenentleerungsstörungen führen und diese wiederum zu Völlegefühl und fehlendem Appetit“, erklärt der Experte. „Hier ist dann manchmal eine kontrollierte Ernährungstherapie sinnvoll, um eine Mangelernährung zu vermeiden – zum Beispiel mit Trinknahrung. Die ist auch dann hilfreich, wenn die Kraft fehlt, ganze Mahlzeiten zu sich zu nehmen, oder wenn jemand wegen einer Operation länger in einer Klinik liegt.“ Übergewicht: nicht zwingend senken Übergewichtige über 65 Jahren müssen in der Regel nicht zwingend abnehmen. Denn damit geht das Risiko einher, hauptsächlich Muskeln zu verlieren und damit schwächer und gebrechlicher zu werden. Stattdessen geht es darum, das Gewicht möglichst zu halten. Müssen dennoch einige Kilos runter, sollte die Kalorienzufuhr nur moderat gesenkt und begleitend Muskeltraining betrieben werden. Eiweiß im Alter Empfohlen wird die Aufnahme von einem Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht täglich – etwa aus Fisch, Milch- oder Getreideprodukten. Bei schweren Erkrankungen oder deutlicher Mangelernährung können auch bis zu zwei Gramm sinnvoll sein. Trinken – aber richtig Ältere Menschen leiden zudem öfter unter Mundtrockenheit. Diese wird etwa durch Diuretika (auch „Wassertabletten“ genannt) noch gefördert. „Tee mit Zitrone regt den Speichelfluss an, auch Bonbonlutschen ist erlaubt“, sagt Dr. Leppkes. „Auf das Durstgefühl allein kann man sich im Alter nicht mehr verlassen. Denn einerseits nimmt es ab, andererseits trinken manche Menschen aufgrund der Mundtrockenheit übermäßig viel. Das kann bei ei-
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