Gesundheit erlangen - Winter 2025/26

36 | Medizin Fortsetzung von S. 35 wird das Riechepithel geschädigt. Auch Infektionen, beispielsweise mit dem Coronavirus, sind eine häufige Ursache. Vereinzelt kommen auch Kinder mit angeborenen oder genetisch bedingten Riechstörungen in unsere Sprechstunde. In diesen Fällen geht es meist darum, zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen der Kinderklinik herauszufinden, ob der eingeschränkte Geruchssinn Teil eines bestimmten Syndroms ist. Stimmt es, dass der Verlust des Geruchssinns auch ein Frühsymptom von Demenz sein kann? Korrekt. Neurologische Erkrankungen sind eine weitere Ursache für Riechstörungen. Gerade bei Demenz und Parkinson treten Veränderungen des Geruchssinns bereits im frühen Krankheitsstadium auf. Bei Parkinson ist es sogar so, dass Veränderungen des Geruchssinns als das verlässlichste Frühwarnzeichen gelten. Wie wirken sich Riechstörungen auf den Alltag der Betroffenen aus? Durch die Einschränkung verlieren viele Patientinnen und Patienten auch große Teile ihres Geschmackserlebens. Daraufhin verändert sich oft das Essverhalten: Die einen nehmen weniger Nahrung zu sich, weil Essen ihnen keine Freude mehr bereitet. Die anderen essen deutlich mehr, weil alles „langweilig“ schmeckt und sie kein Sättigungsgefühl empfinden. Hinzukommt, dass Betroffene ihren eigenen Körpergeruch nicht mehr wahrnehmen. Deshalb waschen sie sich häufiger oder Ich rieche was, was du nicht riechst Es gibt Hinweise darauf, dass Männer und Frauen bestimmte Gerüche unterschiedlich wahrnehmen. So reagieren Frauen beispielsweise auf den Duftstoff Androstenon, ein Abbauprodukt des Testosterons, sensibler als männliche Personen. Das kann hormonelle, genetische oder neurologische Gründe haben (s. S. 38). Nicht die Nase vorn Der Mensch besitzt etwa 5 bis 10 Millionen Riechzellen mit etwa 400 unterschiedlichen Geruchsrezeptoren. Damit ist sein Geruchssinn unter den Säugetieren aber eher unterdurchschnittlich gut ausgeprägt. Im Vergleich: Hunde kommen auf 100 bis 300 Millionen Riechzellen mit über 1.000 Geruchsrezeptoren. Sie reagieren deshalb viel empfindlicher auf Gerüche als Herrchen und Frauchen und nehmen mehr unterschiedliche Düfte wahr. Es lohnt sich, das Riechen zu trainieren! Dr. Olaf Conrad lüften übermäßig oft – das kann sogar zwanghaft werden. Des Weiteren wissen wir, dass depressive Verstimmungen bei Personen mit Riechstörungen häufiger auftreten. Nicht zuletzt bemerken Betroffene Gefahren erst viel später – etwa Rauch, Gas oder giftige Chemikalien. Ist der Geruchssinn eingeschränkt, schmeckt man auch nicht, wenn ein Lebensmittel verdorben ist. Das sind erhebliche Einschränkungen im Alltag. Auf jeden Fall! Der Geruchssinn wird oft wenig beachtet, und auch in der Forschung wurde er lange Zeit vernachlässigt. Dabei ist er ein ganz zentraler Bestandteil unserer Sinneswahrnehmung. Die Bedeutung des Geruchssinns merkt man oft erst, wenn er weg ist. Wie gehen Sie bei der Diagnosestellung vor? Zu Beginn finden ein Anamnesegespräch und einige klinische Untersuchungen statt, unter anderem mittels Endoskopie und MRT. Ziel ist es, Grunderkrankungen, beispielsweise Tumoren, oder eine anatomi-

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