Gesundheit erlangen - Winter 2025/26

| 41 Medizin KOLUMNE – KLEINE SP[R]ITZE Mit zunehmendem Alter kann es passieren, dass man Dinge sieht, die gar nicht da sind. Solche, die wirklich existieren, sieht man wiederum immer schlechter. VON FRANZISKA MÄNNEL Mücken mit Weitsicht Meine Wohnung ist voller kleiner schwarzer Mücken. Vor allem, wenn morgens das Sonnenlicht durch die Fenster auf die hellen Wände fällt, schwirren auffallend viele dieser Tierchen umher. Später sitzen sie dann auf meinem Computerbildschirm oder auf der weißen Platte meines Schreibtischs. So meine Beobachtungen. Im Gespräch mit mir nahestehenden Menschen stellte sich nun allerdings heraus, dass ich die Einzige bin, die diese Mücken sieht. Denn: Sie sind gar nicht wirklich da! Besorgt habe ich deshalb einen Augenarzt aufgesucht. Seine ernüchternde Diagnose: „Das ist das Alter.“ Übersetzt heißt das: Im Lauf des Lebens schrumpft der Glaskörper des Auges. Dabei ballen sich feine Kollagenfasern zusammen, die dann als Trübungen – also schwarze schwebende Pünktchen, Fäden oder Flusen – sichtbar werden, vornehmlich vor hellem Hintergrund. Der Rat des Arztes: Ich solle die Mücken, fachsprachlich auch „Mouches volantes“ genannt, einfach fliegen lassen. Gefährlich seien sie nicht, stechen würden sie auch nicht. Und auch der Experte selbst sehe mit seinen -12 Dioptrien reichlich viele dieser imaginären Insekten. Denn: Kurzsichtige ereilen die Mücken oft noch eher. Früher oder später sehen wir sie wohl alle. Wo wir schon bei Auge und Alter sind: Es ist für mich jetzt, mit 39, der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mit eingesetzten Kontaktlinsen – gegen meine Kurzsichtigkeit – nichts mehr auf dem Handy lesen kann. Es sei denn, ich strecke meine Hand so weit wie möglich von mir weg. Das internationale Zeichen für: „Ich werde alt. Bitte helfen Sie mir über die Straße!“ In meinem Haben Sie schon mal fliegende Mücken gesehen? Welche Erfahrungen haben Sie mit Gleitsichtbrillen oder -kontaktlinsen gemacht? E-Mail: franziska.maennel@uk-erlangen.de Arbeits- und persönlichen Umfeld kommen die Einschläge aktuell immer näher; immer mehr Kollegen, Freundinnen und Bekannte brauchen neue Sehhilfen, weil ihre Arme einfach zu kurz sind. Der Grund: die Altersweitsichtigkeit. Weil die Augenlinse mit den Jahren zunehmend unelastischer wird, kann sie nahe Objekte nicht mehr so gut fokussieren. Der Punkt des scharfen Sehens wandert immer weiter in die Ferne. Das Zeitalter der Lesebrille bricht an. Besteht zusätzlich – wie bei mir – auch noch eine Kurzsichtigkeit, ist das Dilemma perfekt: Ich bin gefangen zwischen Kurz- und Weitsicht. Ich brauche Gleitsicht. Abhilfe schaffen entsprechende Brillen oder Kontaktlinsen. Außerdem heißt es für uns, die wir die 40 schon oder bald erreicht haben: einmal im Jahr zur Kontrolle in die augenärztliche Praxis. Denn es gibt durchaus erns- te Augenerkrankungen, die sich nicht so deutlich bemerkbar machen wie ein paar schwarze Pünktchen oder unscharfes Sehen – den Grünen Star zum Beispiel, der den Sehnerv schädigt und unbehandelt sogar zur Erblindung führen kann. Aber noch mal zurück zur (Alters-)Weitsicht. Ich habe das Wort im Duden nachgeschlagen. Dort steht, es sei die „Fähigkeit, vorauszublicken, frühzeitig künftige Entwicklungen und Erfordernisse zu erkennen und richtig einzuschätzen.“ So verstanden, kann dieses Phänomen des Älterwerdens durchaus etwas Positives haben. Weitsichtig, wie ich bin, rufe ich deshalb jetzt beim Optiker an und mache einen Termin für nächste Woche aus.

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