| 43 Medizin Familien betreuen wir auch nach der OP noch weiter und schulen sie. Damit nehmen wir ihnen die Angst“, sagt Frank Münch. „Mit den Ärztinnen und Ärzten der Kardiologie und der Herzchirurgie stimmen wir wiederum die individuellen Einstellungen ab: Soll das Kunstherz mehr unterstützen oder eher weniger? Was ist das Beste für den jeweiligen Organismus?“ ECMO bei Kindern und Erwachsenen Ein weiteres Einsatzgebiet der Perfusiologie ist die ECMO-Versorgung (extrakorporale Membranoxygenierung). Genau wie die Herz-Lungen-Maschine ersetzt die ECMO die Funktion von Herz und Lunge oder zumindest von einem der beiden Organe. Erleidet eine Patientin zum Beispiel aufgrund einer Influenza ein akutes Lungenversagen, schließt sie eine Perfusionistin oder ein Perfusionist gemeinsam mit einem medizinischen Team an die ECMO an. Auch dieses Gerät reichert das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff an und führt es anschließend zur Patientin zurück. „Wir bewegen uns mit der ECMO aber im Bereich Notfall- und Intensivmedizin“, ordnet Frank Münch ein. Die Kreislaufunterstützung dauert hier oft nicht nur Stunden wie bei einer geplanten Herz-OP, sondern eher Tage bis Wochen. Mensch und Maschine verstehen Lange hieß Frank Münchs Fachgebiet „Kardiotechnik“, denn das technische Know-how rund um die Herz-Lungen-Maschine stand im Vordergrund. „Ganz früher nannte man uns sogar noch Maschinisten“, erinnert er sich. „Mittlerweile haben sich unsere Aufgaben aber stark verändert. Wir sind keine reinen Techniker mehr, sondern steuern körperliche Prozesse aktiv mit. Das, was wir tun, könnte so gar niemand anderes übernehmen.“ Perfusionistinnen und Perfusionisten suchen die passenden Pumpen und Schläuche und sonstiges Equipment aus. Während eines Eingriffs mit Herz-LungenMaschine regulieren sie den Blutdruck, die Sauerstoffanreicherung und die Temperatur des Blutes, überwachen Elektrolyte, entlasten das Herz, schalten es kon- trolliert aus und wieder an und überwachen kontinuierlich den externen Kreislauf – immer in enger Abstimmung mit der Anästhesiologie. „Je kleiner der Patient, desto kleiner müssen zum Beispiel die verwendeten Teile sein“, erläutert Dr. Münch. „Oder: Bei ganz dünnen Herzkranzgefäßen muss ich Durchfluss und Druck anders regulieren als bei einer Person, bei der die Koronararterien komplett in Ordnung sind.“ Die neue Bezeichnung „Perfusiologie und Technische Medizin“ trägt seit 2025 dem neuen Selbstbewusstsein des Fachgebiets und seinem Aufgabenspektrum Rechnung. Herzschlag außerhalb des Körpers Das neueste Perfusiologie-Projekt am Uniklinikum Erlangen: das Organ-Care-System. Dabei werden Spenderorgane wie Herz und Niere durchblutet transportiert und nicht wie bisher auf Eis. Das verringert Gewebeschäden und verbessert die Erfolgschancen einer Transplantation. „Ich habe in einer Forschungsarbeit herausgefunden, dass das gelagerte Spenderblut, das das Organ durchblutet und bei Leber und Niere aus der Blutbank kommt, erst aufbereitet werden muss, um das Transplantatüberleben zu verbessern“, erklärt Frank Münch. Auf dieser Basis geht es nun weiter. „Wir stehen in den Startlöchern und können jederzeit damit beginnen.“ Perfusion … bezeichnet den Durchfluss von Flüssigkeit durch Organe, Gewebe und Gefäße. Meist ist Blut gemeint. In diesem Sinne ist Perfusion oft gleichbedeutend mit Durchblutung. Der Erste seiner Art in Deutschland PD Dr. Frank Münch ist leitender Perfusionist in der Herzchirurgischen Klinik des Uniklinikums Erlangen und der Erste in Deutschland, der in diesem Fach auch die Lehrberechtigung für eine Hochschule erworben hat. Viele Verfahren hat er maßgeblich mitentwickelt und erstmals in Erlangen angewendet. Er schloss Ausbildungen zum Feinmechaniker und Medizintechniker ab und studierte Kardiotechnik in Dänemark. An der FAU Erlangen-Nürnberg promovierte er in Humanbiologie und legte dort 2025 auch seine Habilitationsschrift im Fach Perfusiologie und Technische Medizin vor. Frank Münch ist seit 2022 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perfusiologie und Technische Medizin e. V. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. spezielle Perfusionstechniken in der Chirurgie der Hauptschlagader, die Perfusion bei Säuglingen und „stilllegende“ Verfahren in der Kinderherzmedizin.
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