Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

46 Medizin-Report Ein Koffer voller Gefühle Schwer kranke Kinder benötigen besonders viel Liebe und Aufmerksamkeit – vor allem, wenn ihre Lebenszeit verkürzt ist. Weil nicht nur sie, sondern die ganze Familie in dieser schweren Zeit leiden, schenkt das kunstpäda- gogische Projekt „KofferRaum“ des Erlanger Kinder- palliativteams den Geschwistern besondere Aufmerk- samkeit – und einen schönen, roten Koffer… Wenn ein Kind so schwer erkrankt, dass keine Heilung mehr möglich ist, beginnt die Arbeit des Kinderpalliativteams des Uni-Kli- nikums Erlangen, das Familien in ganz Nordbayern betreut. Mit vier Fahrzeugen ist das insgesamt vierzehnköpfige Team in der Region Ober- und Mittelfranken unterwegs, um Kinder mit lebensverkürzenden Erkran- kungen und ihre Familien daheim zu beglei- ten – oft über mehrere Wochen oder Mona- te hinweg. „Wir betreuen derzeit 30 bis 35 schwer kranke Kinder und ihre Familien und fahren dafür im Schnitt täglich mehr als 400 Kilometer“, berichtet Dr. Chara Gra- vou-Apostolatou, die das Erlanger Kinder- palliativteam leitet. Ich packe meinen Koffer Seit etwas mehr als einem Jahr erhalten nun auch die Geschwister der schwer kran- ken Kinder und Jugendlichen eigene Besu- che, wenn sie an dem neuen Projekt des Kinderpalliativteams teilnehmen. Auf Ini- tiative der Kunstpädagogin Michelle Dot- zauer möchte „KofferRaum“ den Gefühlen der Geschwisterkinder einen geschützten Raum geben, um sich entfalten zu können. Dafür bekommen sie einen schönen, roten Koffer geschenkt, den sie – und das ist ein wichtiges Detail – mit einem Schlüssel ver- schließen können. „KofferRaum ist ein be- wusst offenes Angebot an die Geschwister lebensverkürzt erkrankter Kinder. Die ge- sunden Brüder und Schwestern können das Innere des Koffers allein oder gemein- sam mit uns nach ihren Vorstellungen ge- stalten“, erläutert Michelle Dotzauer. Damit der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind, gehört zu jedem Koffer ein großer Trol- ley mit Werkzeug und Bastelmaterialien. Neben Scheren, Stiften, Pinseln und Farben finden sich darin auch kindgerechte Sägen und Akkuschrauber sowie Minibohrer und Heißklebepistolen. Und natürlich ein schier unendlicher Materialfundus an Filz, Holz, Papier, Wolle, Ton, Stoff, Perlen, Federn, Fi- guren und Naturmaterialien zum kreativen Gestalten. „Besonders beliebt sind die Lich- terketten“, schmunzelt Michelle Dotzauer, die das Material für jedes Kind altersgemäß vorbereitet. „Bis auf die Werkzeuge, die nur unter Aufsicht zu verwenden sind, lassen wir den kompletten Trolley mit dem gesam- ten Material beim jeweiligen Kind. So kann es immer, wenn es Lust hat, daran weiterar- beiten“, berichtet die Kunstpädagogin. Besuch als geschenkte Zeit Zu dem Koffer gehören regelmäßige Besu- che, für die das Geschwisterkind eigene Termine beim Kinderpalliativteam erhält.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw