Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

52 Der besondere Fall An einem Julitag sägte der Hobby-Jäger Horst Schamel Rundhölzer, um einen Hochstand zu bauen. Als ihm eines der Hölzer zu Boden fiel, bückte er sich, hob es auf und griff, als er oben weiterarbeiten wollte, ins Blatt der Kreissäge. „Mir war direkt bewusst, was passiert war“, sagt der heute 53-Jährige, der schwere Unfälle aus seiner Feuerwehrarbeit kennt. Horst Schamels rechte Hand hatte nur noch einen Finger – den Daumen. „Zwanzig Minuten lang hatte ich keine Schmerzen, es hat nicht geblu- tet. Das war der Schock.“ Der Verletzte, seine Frau und einige Bekannte suchten die vier verlorenen Finger und fanden sie – noch im Arbeitshandschuh steckend – schließlich hinter einem Blumenkü- bel. Die Säge hatte sie weggeschleudert. Horst Schamel lebt in Mistelgau. „Ich wusste, dass der Rettungshubschrauber mich direkt nach Bayreuth fliegt“, sagt er. „Aber ich wusste auch: Die haben keine Handchirurgie. Ich woll- te deshalb gleich nach Erlangen.“ Zuerst schien es, als könne der Helikopter wegen starken Ne- bels gar nicht fliegen. Doch zum Glück besser - te sich das Wetter. „Meine Frau hat die Finger in einen Beutel gesteckt, alles mit einem dün- nen Tuch umwickelt und es dann mit Fleisch- und Wurstpackungen aus dem Gefrierfach ge- kühlt“, berichtet Horst Schamel lachend. So etwas kommt selbst Prof. Dr. Andreas Arku- das, leitender Oberarzt der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Raymund E. Horch) des Uni-Klinikums Er- langen, extrem selten unter: vier abgetrennte Finger, die wieder angenäht werden müssen. Die Sehnen, Blutgefäße und Nerven jedes ein- zelnen Fingers führte der Handchirurg mikro- chirurgisch wieder zusammen. Die OP dauerte 17 Stunden. „Wir haben es hinbekommen, alle Finger haben überlebt. Der Patient kann seine Hand wieder bewegen und weiter als Betriebs- schlosser arbeiten“, sagt Prof. Arkudas. Eine solche OP wird in ganz Deutschland jährlich nur wenige Male durchgeführt. Horst Schamel ist sehr zufrie- den: „Ich kann wieder alles ma- chen. Bei ganz kleinen Muttern habe ich nicht das beste Feinge- fühl, aber das kann ich verschmerzen.“ Wer sich einen Finger abtrennt, sollte Folgen- des beachten: Als Erstes die Blutung stoppen. Dann den Finger in ein Stück Stoff und eine Plastiktüte wickeln und ihn anschließend in ei- nen Beutel mit Eis legen. So können ihn die Ärz- te eventuell auch nach mehreren Stunden noch annähen. Den Finger nie direkt mit Eis(-Wasser) in Berührung bringen, sonst erfriert er! fm Horst Schamels Hand drei Jahre nach der erfolgreichen OP Vier gewinnt: seltene Hand-OP Handchirurgie. Beim Arbeiten mit der Kreissäge trennte sich Horst Schamel vier Finger ab. Die folgende Operation war selbst für die Handchirurgen des Uni-Klinikums Erlangen eine Besonderheit. „Zwanzig Minuten lang hat es nicht geblutet. Das war der Schock.“ Horst Schamel

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