Gesundheit Bamberg - Winter 2022/2023

| 51 Kopfsache Frau Prof. Erim, Arbeiten von zu Hause aus oder im Feriendomizil, sich seine Zeit frei einteilen: Das sind doch positive Entwicklungen, oder? Fortschritt oder Problem – ich würde sagen, es ist beides. Zunächst einmal haben ja gar nicht alle die Möglichkeit, ihr Arbeitsumfeld so flexibel zu gestalten. Die Pflegekraft wird am Patientenbett gebraucht, der Produktionsarbeiter am Fließband. Die neuen Optionen stehen eher den Höherqualifizierten und Besserverdienenden zur Verfügung, den Selbstständigen und hauptsächlich denen, die Kopfarbeit verrichten. Für die, die sie nutzen können, ist die neue Arbeitsorganisation aber ein Gewinn? Das Arbeitspensum nimmt vor allem in komplexeren Berufen weiter zu. Dazu kommt die permanente Beschleunigung von Arbeitsprozessen. Dass Sie ein hohes Pensum erfüllen und dabei auch noch schnell sein müssen, erleben Sie ja im Homeoffice genauso. Aber vielleicht kann ich ja abseits des Büros selbstbestimmter arbeiten? Wenn Sie die richtigen Rahmenbedingungen und persönlichen Voraussetzungen haben, kann das funktionieren – wenn Sie im Homeoffice Ruhe finden, organisiert sind und sich nicht leicht ablenken lassen. Als Fachärztin sehe ich bei uns natürlich auch nur die Menschen, bei denen es nicht klappt und die überlastet sind. Wenn Sie zum Beispiel als Paar zu Hause arbeiten und zwei Kinder betreuen müssen, wird schnell alles zu viel. Es entsteht bei vielen der Druck, permanent erreichbar sein zu müssen, weil eben Privat- und Berufsleben nicht mehr so klar getrennt sind. Das perfektionistische Herumfeilen an etwas kann sich ausweiten, → Prof. Erims Augenmerk liegt u. a. auf arbeitsplatzbezogenen psychischen Störungen. BERUFSLEBEN Arbeit im Homeoffice, im Strandhaus in Portugal, im ausgebauten Campervan – ganz frei und selbstbestimmt. Klingt toll, oder? Die sich wandelnde Arbeitswelt bringt Vorteile, aber auch Herausforderungen mit sich, wie Prof. Dr. (TR) Yesim Erim, Leiterin der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung des Uniklinikums Erlangen, im Interview erklärt. VON FRANZISKA MÄNNEL

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