Gesundheit erlangen - Sommer 2020

27 Porträt Sarah Schwarmat Beispiele. Schritt zwei: an den eigenen Bewertungen arbeiten. Die Deeskalations- trainerin erklärt: „Aggression entsteht zum Beispiel aus Angst oder Unsicherheit oder weil jemand nie gelernt hat, sich anders auszudrücken. Es ist ein Mitteilungsversuch, eine Art, zu sagen: ‚Hier läuft was schief!‛ Man sollte aggressives Verhalten also nicht persönlich nehmen, sondern dem Gegenüber trotzdem wertschätzend und helfend begegnen.“ Stufe drei der Deeskalation ergründet die eigentli- che Ursache der Aggression – denn oft geht es gar nicht um die verspätete Arztvisite oder das zu kalte Essen, sondern jemand fürchtet sich eigentlich vor seiner Diagnose oder macht sich Sorgen um die Haustiere, die daheim gerade niemand versorgt. „Aggression entsteht zum Beispiel aus Angst oder Unsicherheit oder weil jemand nicht gelernt hat, sich anders auszudrücken. Es ist ein Mitteilungsversuch.“ In Schritt vier nähert sich Sarah Schwarmat schließlich behutsam mit Fragen: „Was ist Ihnen wichtig? Was stört Sie?“ Aufmerksames Zuhören ist jetzt sehr wichtig, denn Sarah Schwarmat will für ihren aufgebrachten Gesprächspartner direkt wiederholen, was er gerade gesagt hat. „Sie wollen also einen Arzt sprechen“, wäre so ein Zurückspie- len des Gesagten. Das macht klar: „Ich höre Ihnen zu, ich verstehe Sie!“ Ist das eigentliche Problem erkannt, wird gemeinsam nach Lösungen gesucht. „Es ist ein bisschen wie eine Handtasche: Ich weiß, das, was ich suche, ist da irgendwo, aber es dauert einige Zeit, es zu finden“, beschreibt es die De- eskalationstrainerin. „Es ist ein bisschen wie eine Hand- tasche: Ich weiß, das, was ich suche, ist da irgendwo, aber es dauert einige Zeit, es zu finden.“ Erst in den Schritten fünf und sechs geht es da- rum: Wie lässt sich (körperliche) Aggression tat- sächlich abwehren, sodass dem Patienten, aber auch dem Deeskalierenden selbst nichts pas- siert? „Das kann die Demenzkranke sein, die mich fest am Arm packt und nicht mehr loslässt“, be- richtet Sarah Schwarmat. „Hier gibt es Griffe, um sich schonend aus der Umklammerung zu befrei- en. Dabei muss ich erkennen: Eigentlich sucht die Patientin nur Halt. Kann ich ihr den zum Beispiel mit einem Kuscheltier oder einem Kissen geben?“ Schritt sieben widmet sich der Nachbereitung der „eskalierten“ Situation. Sarah Schwarmat findet es wichtig, dass alle Be- schäftigten im Gesundheitswesen Deeskalations- techniken beherrschen – auch die, die in der Ver- waltung oder im Sozialdienst arbeiten. „Weil je- mand auch am Telefon deeskalierend wirken kann, wenn das Gegenüber ungehalten wird“, sagt sie. Sarah Schwarmat setzt ihr Wissen am Uni-Kli- nikum Erlangen u. a. bei Patienten und Angehöri- gen in der Psychiatrie ein, in der Inneren Medizin, der Chirurgie, Neurologie und in der Kinder- und Jugendmedizin. fm Bei Deeskalationsversuchen sollte man immer auch seine eigene Sicherheit und Fluchtmöglichkeiten im Blick behalten.

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