Gesundheit erlangen - Herbst 2021

7 Titel Psychosomatik. Körper und Seele bilden eine Einheit. Leidet die Psyche, kann das auch der Körper spüren. „Wenn sich Kinder an der Supermarktkasse schrei- end auf den Boden werfen, soll es angeblich hel- fen, wenn sich Mama oder Papa schreiend dane- ben legen. Das Kind ist dann angeblich so irritiert, dass es aufhört“, berichtete kürzlich eine Kollegin und Mutter eines Dreijährigen. Sie habe diese Stra- tegie bisher nicht ausprobiert. Mit den Gefühlen ist das so eine Sache: Oft überkommen sie uns und übernehmen regelrecht das Ruder unserer Reakti- onen – in guten wie in schlechten Momenten. Doch anders als kleine Kinder haben wir gelernt, unsere Gefühle zu regulieren und sie nicht immer unkon- trolliert und für alle sichtbar auszuleben. Vor allem negativ empfundene Emotionen wie Wut, Angst, Scham oder Neid versuchen Erwachsene vor ande- ren oft eher zu verbergen. Geschieht dies aber un- unterbrochen und über lange Zeit, suchen sich die weggedrückten Gefühle eine neue Ausdrucksform in körperlichen Beschwerden. Der Bereich der Me- dizin, der sich mit den seelischen Einflüssen auf Unterdrückte Gefühle finden eine neue Ausdrucksform in körperlichen Beschwerden. Eine im Fachmagazin PNAS veröffentlichte finnische Studie zeigt: Während viele Menschen Angst verstärkt im Bereich des Herzens wahrnehmen, spüren sie Glück im ganzen Körper und Wut vor allem in Kopf, Ober- körper, Armen und Händen. Körper-Gefühl den Körper (und andersherum) beschäftigt, nennt sich Psychosomatik (griech. soma = Körper). „Schafft es jemand nicht, sich an eine stressige Le- benssituation anzupassen und gut mit ihr umzuge- hen, kann der psychische Konflikt in ein körperli- ches Symptom übergehen. Wir sprechen dann von Somatisierung“, erklärt Prof. Dr. (TR) Yesim Erim, Leiterin der Psychosomatischen und Psychothera- peutischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen. Der Körper als Sprachrohr Alles, was wir denken, fühlen und erleben, beein- flusst unser Gehirn, unser vegetatives Nervensys- tem und damit auch unsere Körperprozesse. So lässt die Angst vor der Ärztin im Sprechzimmer den Blutdruck steigen; psychische Anspannung stimu- liert Magen, Darm und Harntrakt und führt u. a. zu Durchfall, Übelkeit oder einer überaktiven Blase; ungesunde Beziehungen oder Traumata können sich z. B. in Nacken- oder Bauchschmerzen nieder- schlagen; Stress begünstigt juckende Haut, star- kes Schwitzen und Haarausfall. Ist jemand über längere Zeit ängstlich, traurig oder einsam, kann das sein Immunsystem schwächen. „Unter psychi- scher Dauerbelastung schüttet der Körper das Stresshormon Cortisol und entzündungsfördernde Zytokine aus“, sagt Prof. Erim. „Betroffene können dadurch beispielsweise ein grippeähnliches Kör- pergefühl, Schlafstörungen oder eine verstärk- te Schmerzwahrnehmung entwickeln. Auch der Umgang mit äußeren Reizen funktioniert dann schlechter, und die Menschen können Angst oder Unruhe nicht mehr regulieren“, weiß die Expertin. Diffuse Körperbeschwerden sind auch bei →

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