Gesundheit erlangen - Frühling 2022

| 27 Menschen Gendefekt ohne Symptome Obwohl die Nierenfunktion von Julia S. im Frühjahr 2019 bereits massiv nachgelassen hatte, verspürte sie kaum Symptome. „Ich ging zum Hausarzt, weil ich ständig müde war. Wir vermuteten, dass es an der Schilddrüse liegt“, erinnert sich die junge Frau. Als die Untersuchungen ergaben, dass ein angebo- rener Gendefekt die Ursache für das Nierenversagen ist, wurde die Familie an die Medizinische Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie des Uni-Klini- kums Erlangen überwiesen. „Sowohl Julias Vater als auch ich tragen diese seltene Genmutation, ohne dass die Krankheit bei uns ausgebrochen ist“, er- klärt Katja D. Ihre Tochter hatte weniger Glück: Bei ihr waren durch das Zusammentreffen der beiden elterlichen Genmutationen sogar beide Nieren be- troffen. Deren Funktionsleistung verschlechterte sich stetig und lag nur eineinhalb Jahre nach der Diagnose bei gerade noch zehn Prozent – die Dialy- se war nun unvermeidlich. Lebensnotwendige Dialyse „Wir wussten von Anfang an, dass die Nieren ir- gendwann komplett versagen werden und dass uns dann die Entscheidung für oder gegen eine Trans- plantation bevorsteht.Wir dachten, wir hätten noch fünf bis zehn Jahre Zeit. Dass ihr Zustand sich so schnell verschlechtert, hat uns beide geschockt“, berichtet die Mutter rückblickend. „Eigentlich woll- te ichmeiner Tochter mit der Nierenspende die Dia- lyse komplett ersparen, aber dafür blieb gar keine Zeit mehr.“ Im Juni 2021 wurde der jungen Patientin operativ ein Katheter in den Bauchraum eingesetzt, der ihr fortan eine Bauchfelldialyse (Peritonealdia - lyse) ermöglichte. „Dabei wird das eigene Bauchfell als Membran genutzt, um das Blut zu filtern. Über den Katheter leite ich in die Bauchhöhle alle vier Stunden einen Beutel voll spezieller Dialyseflüssig - keit, die die Abfallprodukte und das überschüssige Wasser aus dem Blut aufnimmt und dann über den Katheter wieder ausgeleitet wird.“ Dafür trägt die 24-Jährige stets den 15 Zentimeter aus dem Bauch ragenden Katheterschlauch samt Dialysebeutel un- ter der Kleidung. Strikte Disziplin nötig Das Verfahren der Peritonealdialyse ist nicht so be- lastend wie eine Hämodialyse und ermöglicht einen weitgehend normalen Alltag. Allerdings: „Dieses Prozedere kommt nicht für alle Betroffenen infrage“, schränkt Dr. Heller ein. „Die manuelle Blutwäsche muss regelmäßig und gleichermaßen präzise wie diszipliniert durchgeführt werden.“ Julia S. gelang diese schwierige Aufgabe vorbildlich, obwohl ihr da- mit weder Duschen noch Baden erlaubt waren, und ihr Hund Keno das Schlafzimmer, in dem sie die Dia- lyse vornahm, nicht mehr betreten durfte. → Wir nutzen jede Chance, auf die Mögl ichkei t einer Lebendspende hinzuweisen, wei l die Wartezei t bei postmortalen Organspenden vie l zu lang ist. Dr. Katharina Heller, Nephrologin Dr. Katharina Heller (r.) erklärt Julia S., wo in ihrem Körper die Niere der Mutter eingesetzt wird.

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