Gesundheit erlangen - Sommer 2022

GEDRUCKTE ORGANE Um dem Mangel an Spenderherzen entgegenzuwirken, arbeiten Erlanger Forschende daran, lebendes Herzgewebe zu drucken. Ein erster Erfolg: Herzmuskelringe und -ventrikel, die sogar pulsieren. VON ALESSA SAILER Es klingt wie in einem Science-Fiction-Film, und doch haben Forschende der Nephropathologischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen es wahr werden lassen: Sie haben lebendes Herzgewebe gedruckt. Prof. Dr. Felix Engel leitet die Arbeitsgruppe für experimentelle Herz- und Kreislaufforschung und arbeitet mit seinem Doktoranden Tilman Esser seit 2017 an diesem Thema. Der Ausgangspunkt ihres Ansatzes: „Herzerkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen. Eine Organtransplantation ist zwar eine gute Lösung, aber es gibt leider nicht genügend Spenderorgane. Deswegen haben wir uns mit einer Ersatzlösung auseinandergesetzt: dem 3-DDruck von Herzgewebe“, erläutert Prof. Engel. So einfach, wie sich das anhören mag, ist es aber bei Weitem nicht, denn: Zunächst muss die perfekte Zusammensetzung der „Biotinte“ gefunden werden, sodass sie sich einerseits drucken lässt, andererseits aber auch ein stabiles Gewebe bildet. Außerdem müssen die Zellen permanent am Leben gehalten werden, und die Wissenschaftler müssen herausfinden, wie sich die Strukturen verhalten. „In welches Gefäß drucken wir das Gewebe und wie bewahren wir es auf? Wie sind die Zellen im Gewebe verteilt? Kommunizieren sie mit ihren Nachbarzellen? Welche Pumpleistung hat das 3-D-geHerzen aus dem 3-D-Drucker druckte Herzgewebe?“, nennt Tilman Esser einige Fragen aus der Forschung. Vor rund zwei Jahren druckten er und sein Doktorvater das erste Mal mit menschlichen Zellen, 2021 fand Tilman Esser die optimale Zusammensetzung für seine Biotinte. Wie Grießbrei „Zuerst werden pluripotente Stammzellen im Labor vermehrt, die sich etwa aus menschlichen Hautzellen generieren lassen. Danach machen wir daraus Herzmuskelzellen“, erklärt der Forscher. „Um die geeignete Biotinte zu erhalten, mischen wir diese Zellen anschließend mit Kollagen, Hyaluronsäure und anderen Substanzen. Unsere Biotinte ist sehr flüssig und würde zerlaufen, würden wir sie einfach in eine Petrischale drucken. Da die Biotinte erst mit der Zeit fest wird, behelfen wir uns mit einem sogenannten Stützbad. Stellen Sie sich das vor wie Grießbrei, durch den die Drucknadel sich bewegen kann, der aber das Verlaufen der Biotinte verhindert“, beschreibt Tilman Esser den Vorgang. Nachdem sich das Zellkonstrukt verfestigt hat, entfernt der studierte Molekularmediziner das stützende Gerüst, gibt eine Nährlösung auf das gedruckte Gewebe und stellt es in einen 37 Grad Celsius warmen Inkubationsschrank. Dort bleibt es dann einige Tage, um zu „reifen“. → | 13 Tissue Engineering Die künstl iche Herstel lung von biologischem Ersatzgewebe bzw. die Forschung auf diesem Gebiet wird Tissue Engineering genannt. Titel

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