Gesundheit erlangen - Winter 2022/2023

Titel 14 | Die häufigsten Angsterkrankungen ■ Agoraphobie Betroffene haben Angst vor Situationen, in denen es für sie vermeintlich keine Fluchtmöglichkeit oder Hilfe gibt, falls etwas passieren sollte. Agoraphobie kann sich beispielsweise in Menschenmengen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf großen Plätzen zeigen. ■ Generalisierte Angststörung Erkrankte leiden unter ständigen Sorgen, sie katastrophisieren objektiv harmlose Situationen und entkommen dem Gedankenkarussell nicht von allein. ■ Panikstörung Sie ist gekennzeichnet durch plötzlich auftretende Furcht, teilweise auch Todesangst. Betroffene meinen, sie erleiden einen Herzinfarkt, haben Angst zu ersticken oder fürchten, plötzlich ohnmächtig zu werden. ■ Soziale Phobie Betroffene haben ständig das Gefühl, von anderen schlecht bewertet zu werden. Sie haben Angst davor, sich zu blamieren, unangenehm aufzufallen oder ausgelacht zu werden, z. B. beim Essen in der Öffentlichkeit oder beim Sprechen vor Publikum. Spezifische Phobien... ... sind Ängste vor bestimmten Objekten oder Situationen und kommen sehr häufig vor. Dazu zählen z. B. Angst vor Spinnen (Arachno- phobie), Höhen (Akrophobie), Gewitter (Astraphobie) oder Blut (Hämaphobie). Fortsetzung von S. 13 Isolation und weil Aktivitäten, die früher Freude machten – etwa Konzertbesuche oder das Treffen von Freunden –, wegfallen, können obendrein Depressionen entstehen. Die beiden Störungen treten oft gemeinsam auf, weiß der Psychiater: „Ich kann nur an alle appellieren, sich frühzeitig bei uns vorzustellen. Die meisten Angsterkrankungen lassen sich nämlich gut behandeln, sodass Patientinnen und Patienten in ihr früheres Leben zurückkehren können.“ Oft fällt es Betroffenen schwer, offen über ihre Angst zu sprechen – Hilfe suchen sie sich erst, wenn der Leidensdruck bereits extrem hoch ist. „Dabei sollten Angstgeplagte keine falsche Scham vor einem Termin haben“, sagt Dr. Oberstein. „Etwa 60 bis 70 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, behandeln wir wegen Angststörungen und/oder Depressionen. Sie sind damit also nicht allein!“ Doch es braucht Mut, sich zuerst selbst eine psychische Erkrankung einzugestehen und sie im nächsten Schritt anderen gegenüber zuzugeben. Auch gesellschaftliche Normen halten Erkrankte möglicherweise davon ab, sich emotional zu öffnen. „Besonders bei Männern ist die Stigmatisierung, die mit einer psychischen Erkrankung einhergeht, leider noch recht groß, weil sie eine vermeintliche Schwäche offenbart“, sagt Dr. Oberstein. „Je stärker das männliche ‚Idealbild‘ von Mut und Unverwundbarkeit in den Erkrankten verankert ist, desto schwerer fällt es ihnen möglicherweise, sich in Behandlung zu begeben.“ Rein statistisch gesehen sind mehr Frauen von Angsterkrankungen betroffen als Männer – ob Letztere sich nur seltener Hilfe suchen, dazu gibt es keine Daten. „Interessant ist aber: Männer fürchten sich zum Beispiel genauso vor Vereinsamung wie Frauen“, so der Psychiater. Ursache oft unklar Eine konkrete Ursache für Angsterkrankungen lässt sich in den meisten Fällen nicht bestimmen, denn: Verschiedene Faktoren wie die genetische Veranlagung, das kulturelle und soziale Umfeld, Rollenbilder, Gedanken, Gefühle und (erlerntes) Verhalten beeinflussen sich gegenseitig. Therapiert werden Betroffene meist mit mehreren Bausteinen: von verhaltenstherapeutischen Sitzungen und Gruppengesprächen

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