Gesundheit erlangen - Winter 2022/2023

28 | Medizin Fortsetzung von S. 27 unkomplizierte Erkrankung, die in der Regel von allein ausheilt oder selbst gut behandelt werden kann – in vielen Fällen auch ohne die Einnahme von Antibiotika. Das ist wichtig, weil eine zu häufige antibiotische Therapie negative Folgen haben kann? Ja. Wer mehrmals im Jahr Antibiotika einnimmt, riskiert, dass die Medikamente irgendwann nicht mehr wirken. Zusätzlich wird auch die „gute“ Keimflora gestört. Wir nennen das Kollateralschaden. Wiederholte Antibiotikaeinnahmen stehen auch im Verdacht, die innere Schutzschicht der Blase zu zerstören. Was kann ich selbst tun, um eine Blasenentzündung schnell abklingen zu lassen bzw. um ihr vorzubeugen? In jedem Fall sollte die Trinkmenge erhöht werden auf zwei bis zweieinhalb Liter täglich, um die Keime auszuspülen. Betroffene sollten sich Ruhe gönnen und können die Schmerzen z. B. durch das Auflegen einer Wärmflasche oder eines Kirschkernkissens lindern. Um Infekten vorzubeugen, ist es für Frauen wichtig, nach dem Geschlechtsverkehr auf die Toilette zu gehen und eine sanfte Genitalhygiene zu betreiben. Das bedeutet nicht, durch übertriebene Reinlichkeit die komplette Scheidenflora zu beeinträchtigen. Es reicht aus, einmal täglich mit milder Seife zu duschen und möglichst auf Slipeinlagen zu verzichten – vor allem, wenn diese Duftstoffe enthalten. Auch Unterwäsche aus Baumwolle ist ratsam. Sind alternative Heilmittel wie Cranberrys oder Apfelessig eine wirksame Hilfe gegen Blasenentzündungen? Es gibt sowohl für die akute Behandlung als auch zur Prophylaxe eine breite Palette an Phytotherapeutika, also pflanzlichen Heilmitteln. Dazu lassen sich aber leider keine eindeutigen Empfehlungen aussprechen, weil die Datenlage zu deren Wirksamkeit nicht ausreicht. Manche Betroffene begeben sich selbst auf die Suche und probieren aus, ob ihnen Produkte aus Cranberrys, Kürbiskernen oder auch Brennnessel- oder Bärentraubenblätterextrakt helfen. Vor der Einnahme sollte aber in jedem Fall eine Beratung in der Apotheke erfolgen, da auch pflanzliche Produkte Nebenwirkungen auslösen oder andere Medikamente beeinträchtigen können. Als Alternative zur Antibiotikabehandlung werden häufig auch Präparate aus Mannose angewendet. Was ist das genau? Wie die Glukose oder die Fruktose ist Mannose ein Einfachzucker, der das Darmbakterium Escherichia coli – auch E. coli oder Kolibakterium genannt – gut binden kann. Das Kolibakterium gilt als häufigster Verursacher von Harnwegsinfektionen, daher können Mannosepräparate in diesen Fällen als Akut- therapie und zur Langzeitprophylaxe empfohlen werden. Grundsätzlich stelle ich bei der breiten Palette an alternativen Wirkstoffen immer wieder fest, dass Betroffene ganz unterschiedlich gut da- rauf ansprechen. Wer häufig unter Harnwegsinfekten leidet und mit alternativen Mitteln vorbeugen möchte, sollte deshalb am besten individuell austesten, worauf der eigene Körper gut reagiert. Was hat eine Blasenentzündung mit Sex zu tun? „Von Harnwegsinfekten sind vor allem jüngere, sexuell aktive Frauen betroffen“, erklärt Dr. Verena Lieb. „Deshalb fragen wir vor der Therapie auch nach den persönlichen Sexualpraktiken. Oft können Paare das Risiko, dass Darm- bakterien in die weibliche Harnröhre gelangen, durch einfache Hygienemaßnahmen minimieren.“

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