Gesundheit erlangen - Frühling 2023

Hilfreiche Sätze Doch wie gehen Menschen mit chronischen Schmerzen um, bevor sie professionelle Hilfe suchen? Peter Mattenklodt: „Der eine will durchhalten, keine Schwäche zeigen und ist deshalb zum Beispiel immer zu lange im Garten aktiv. Damit füttert er aber sein Schmerzgedächtnis (s. Kasten S. 14), und das Gehirn reagiert immer schneller auf immer kleinere Schmerzreize. Die andere hingegen katastrophisiert und denkt ‚Wenn ich mich jetzt bücke, wird der Schmerz ganz schlimm‘ oder ‚So schaffe ich meine Arbeit bald nicht mehr‘.“ Wichtig sei es deshalb, herauszufinden, was einem selbst guttut, wenn der Schmerz auftritt. Ziehe ich mich zurück, mache ich eine Fantasiereise, gehe ich spazieren oder rufe ich einen lieben Menschen an? „Hier kommt auch die sogenannte Selbstwirksamkeit ins Spiel“, sagt Peter Mattenklodt. „Das heißt, Betroffene sollen lernen, davon überzeugt zu sein, des Schmerzes Herr werden zu können – das Monster sozusagen vom Fahrersitz auf die Rückbank zu bugsieren. Es darf mitfahren, aber nicht lenken. Dabei hilft es, sich mit Sätzen wie ‚In ein paar Stunden ist es wieder besser‘ oder ‚Denk dran, was du alles schon geschafft hast‘ an die eigene Stärke zu erinnern. Am besten schreiben sich die Patientinnen und Patienten ihren hilfreichen Satz auf und rufen ihn sich immer wieder ins Gedächtnis.“ Positive Gedanken und Gefühle wirken sich nämlich auf die Schmerzverarbeitung aus: Sie verringern die Schmerzintensität. Deswegen ist es auch so wichtig, aus dem Karussell der negativen Gedanken auszubrechen, denn Letztere verstärken die Schmerzwahrnehmung und die Schmerzen werden schlimmer. Das richtige Pacing Eine Balance zwischen Aktivität und Ruhe zu schaffen, ist ebenfalls wichtig bei der Schmerzbewältigung. „Wir nennen das Pacing“, erklärt Peter Mattenklodt. „Dabei geht es um das bewusste Anpassen körperlicher Aktivität an die eigene Leistungsfähigkeit. Wer sich immer wieder körperlich belastet, bis es gar nicht mehr geht, erlebt meist nur noch mehr Frust und bekommt das Gefühl, vom Schmerz bestimmt zu werden.“ Das Geheimnis sei also, das richtige Maß zu finden und Pausen zu machen, bevor der Schmerz einen dazu zwingt. „Natürlich kostet es viel Kraft und auch Mut, mit dem Schmerz umzugehen“, räumt Peter Mattenklodt ein, „aber mit dem richtigen Handwerkszeug lässt sich das Leben Schritt für Schritt zurückerobern. Zögern Sie also nicht, sich Hilfe zu holen!“ Zu viel Fürsorge und Ent lastung … … von nahestehenden Personen („Leg dich ins Bett, ich erledige das“) erhöhen auf Dauer das Risiko, dass Schmerzen chronisch werden. Lenken Angehörige die Schmerzgeplagten hingegen einfühlsam ab und motivieren sie zu gemeinsamen Aktivitäten, hi lft dies laut Studien dabei, dass sich die Schmerzen weniger im Leben breitmachen. Psychologische Schmerztherapie hilft dabei, ■ den Teufelskreis aus Schmerz und immer neuen Einschränkungen zu durchbrechen und sich das Leben zurückzuerobern. ■ mehr Angenehmes zu erleben und so die Stimmung zu beeinflussen. ■ über die eigenen Gedanken Einfluss auf die Schmerzverarbeitung zu nehmen. ■ durch regelmäßiges Entspannungstraining die Schmerzschwelle wieder anzuheben. | 15 Titel

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