Gesundheit erlangen - Frühling 2023

TITEL Bei chronischen Schmerzen leidet nicht nur der Körper. Soll eine Behandlung wirken, muss sie auch Psyche und Sozialleben mit einbeziehen. Dank einer multimodalen Therapie entriss Patientin Sandra Lorenz dem Schmerz das Steuer und lenkt nun wieder selbst. VON FRANZISKA MÄNNEL Wenn Sandra Lorenz* vor einem sitzt, merkt man ihr nichts an. Die 43-Jährige ist freundlich, wirkt aufgeschlossen und entspannt. „Dir geht’s doch gut“, sagen ihre Eltern dann, wenn sie bei ihnen zu Besuch ist. Sie sehen nicht die Nervenschmerzen, die „extrem eklig“ sind, wie Sandra Lorenz sagt. Sie registrieren nicht die Muskelverspannungen, das oberflächliche Brennen auf der Haut, die Schmerzen vom linken Auge bis in die linken Zehen. Sandra Lorenz hat Multiple Sklerose (MS) – eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Was sie auch hat, sind Glaubenssätze: Sei stark. Sei leistungsfähig. Funktioniere. Die Diagnose bekam Sandra Lorenz 2014. Weil ihre angegriffenen Nervenbahnen die Muskeln nicht mehr richtig ansteuerten, entwickelte sich eine Spastik in der linken Körperhälfte – die Muskeln waren permanent verkrampft und steif. Zeitweise konnte Sandra Lorenz vor Schmerzen weder sitzen noch liegen noch schlafen. Längere Flugreisen, die in ihrem Beruf als Produktmanagerin eigentlich dazugehörten, wurden unmöglich. Sie musste Kinobesuche absagen, das Fahrradfahren aufgeben, sich bei Familienfeiern ausklinken. „Es waren fünf intensive Jahre, in denen die akuten Schmerzen schleichend in chronische übergingen“, erzählt sie. „Ich hatte keine Werkzeuge, um damit umzugehen, und keinen Arzt, der mir welche gab. Keinen, der das ganzheitlich sah und mir nicht nur sagte, dass ich meine Muskeln dehnen solle.“ → | 9 Titel

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