Gesundheit erlangen - Sommer 2023

16 | Titel KÜNSTLICHE HÜFTE Für Menschen mit schlimmen Hüftbeschwerden kommt unter Umständen ein künstlicher Gelenkersatz infrage. In besonderen Fällen wird die Prothese sogar individuell angefertigt. VON ALESSA SAILER Wer starke Anlaufschmerzen hat oder in der Bewegung der Hüfte eingeschränkt ist, fragt sich: Gehen diese Beschwerden wieder weg? Kann ich selbst etwas dafür tun, um meine Lebensqualität zurückzubekommen oder brauche ich wirklich ein neues Hüftgelenk? Prof. Dr. Marcel Betsch, Leiter der Orthopädie der Unfallchirurgischen und Orthopädischen Klinik des Uniklinikums Erlangen, erklärt: „Neben Knochenvorsprüngen, an denen Hüftpfanne oder Hüftkopf anstoßen, oder Rissen in der Gelenklippe kann auch Arthrose hinter solchen Symptomen stecken – der Knorpel im Hüftgelenk ist dann stark abgenutzt. Das führt dazu, dass Betroffene zum Beispiel nicht mehr weit gehen können und teilweise sogar nachts von ihren Hüftschmerzen aufwachen.“ Während Knochenvorsprünge, reibende Sehnen und verletzte Gelenklippen mittels minimalinvasiver Gelenkspiegelung (s. S. 14) behandelt werden, hilft bei fortgeschrittener Arthrose oft nur noch ein künstliches Gelenk. „Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Patientin oder der Patient Hüfte hoch drei schon alle konservativen Therapien ausgereizt hat“, sagt Prof. Betsch. Verringern sich die Beschwerden also z. B. mit Schmerzmitteln und einer gekräftigten Bein- und Rumpfmuskulatur nicht genügend, kommt eine Prothese infrage. „Wichtig ist uns: Der Patient gibt vor, ob ein neues Gelenk eine Option ist. Wir behandeln nie allein auf Basis der Bildgebung – schließlich operieren wir nicht die Röntgenaufnahme, sondern den Menschen.“ Etwa 15 bis 20 Jahre hält eine Hüftendoprothese (gr. „endos“ = innen → innenliegende Prothese). Das Implantat besteht aus einer Gelenkpfanne und einem sog. Inlay sowie einem Schaft, der im Oberschenkelknochen verankert bzw. zementiert wird (s. Abb.). „Vor allem bei jüngeren Patienten ziehen wir die zementlose Verankerung vor, weil wir so Knochen ‚sparen‘, der bei einem eventuellen Prothesenwechsel benötigt wird. Der Schaft verwächst durch seine raue Oberfläche mit dem körpereigenen Knochengewebe“, erläutert Marcel Betsch. „Bei älteren oder von Osteoporose betroffenen Menschen setzen wir dagegen in der Regel auf einen zementierten Schaft, weil dadurch weniger Druck auf den Knochen ausgeübt wird und die Gefahr eines Bruchs niedriger ist.“ Direkter positiver Einfluss Die Prothesenkomponenten können aus unterschiedlichen Materialien bestehen, etwa aus Kunststoff, Keramik oder Metall, beispielsweise Titan. „Welche wir wählen, hängt vom Gewicht, vom AktiWir operieren nicht das Röntgenbild, sondern den Menschen. Prof. Dr. Marcel Betsch

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