Gesundheit erlangen - Sommer 2023

| 9 Titel „Es reicht nicht, ein MRT zu machen“, betont PD Dr. Albert Fujak gleich zu Beginn. „Ich muss mir das Kind von Kopf bis Fuß genau ansehen und es untersuchen. Das heißt: Wenn die Hüfte zwickt, schaue ich mir auch die Füße an, den Gang und die Beinachsen, die Wirbelsäule und natürlich die Hüftgelenke“, erklärt der Oberarzt, der in der Unfallchirurgischen und Orthopädischen Klinik des Uniklinikums Erlangen die Bereiche Kinderorthopädie und Neuroorthopädie leitet. Im letztgenannten Fachgebiet betreut er Kinder und Jugendliche mit neurologischen bzw. neuromuskulären Grunderkrankungen, das heißt mit angeborenen Störungen der Muskeln und des Nervensystems. „Ich behandle die Kinder von klein auf und sozusagen bis zum Rentenalter“, so Dr. Fujak. Die Hüfte reifen lassen Wenn ein Säugling vier bis fünf Wochen alt ist, wird seine Hüfte das erste Mal untersucht – per Ultraschall im Rahmen der U3-Untersuchung; bei familiärer Vorbelastung oder wenn das Baby in Steißlage geboren wurde, schon in den ersten zehn Lebenstagen. „Mit dieser Sonografie prüfen wir, ob es eine angeborene Hüftdysplasie gibt. Dabei ist die Hüftpfanne unterentwickelt, sodass der Hüftkopf darin keinen guten Halt findet oder sogar ganz herausrutscht“, erläutert Albert Fujak. Ist das der Fall, folgt eine Prozedur, die für die Eltern meist herausfordernder ist als für das Kind: Ein bis sechs Monate lang muss das Baby eine Orthese tragen – 24 Stunden täglich, meist eine Tübinger Schiene (s. Bild auf S. 10) oder eine Pavlik-Bandage. Damit wird das Hüftgelenk um 90 Grad gebeugt und um 55 bis 60 Grad abgespreizt. „Es ist wichtig, dass die Orthese durchgehend getragen wird. Die beiden Gelenkpartner müssen ständig in Kontakt sein, damit die Hüfte den Impuls bekommt, nachzureifen und in die richtige Form zu wachsen“, erklärt Albert Fujak. Ist das Gelenk bereits teilweise oder ganz ausgekugelt, wird es wieder eingestellt und dann ein Fettweisgips um Becken und Beine angelegt. „Das Baby hat bei all diesen Varianten keine Schmerzen, und wenn es anfängt, zu krabbeln, sich hinzusetzen oder zu laufen, sind wir mit der Behandlung schon fertig.“ Bei Kindern können sich Hüftbeschwerden u. a. durch Schmerzen an der Vorderseite des Oberschenkels und in der Leiste äußern. „Oft werden ihre Hüftprobleme aber auch ins Knie beziehungsweise ins Bein projiziert“, gibt Dr. Fujak zu bedenken. Die Kinder humpeln dann oder wollen gar nicht mehr laufen. Bei den genannten Beschwerden kann es sich um einen harmlosen „Hüftschnupfen“ handeln. „Das ist eine nicht-bakterielle Entzündung der Hüfte. Ihr geht oft ein Infekt voraus, zum Beispiel im Verdauungstrakt oder in den Atemwegen. Als Reaktion darauf entzündet sich die Gelenkinnenhaut. Sie schwillt an und produziert Flüssigkeit, die nicht aus dem Gelenk abfließen kann“, erklärt der Facharzt. Eine exakte Diagnose ist wichtig, denn: Sind Bakterien im Spiel, kann es zu einer gefährlichen eitrigen Entzündung kommen. Das Hinken wird dann begleitet von Fieber, Schüttelfrost und einem starken Krankheitsgefühl. „Ein kinderorthopädischer Notfall, bei dem wir schnell ein Antibiotikum geben oder sogar operieren müssen. Sonst zerstören die Bakterien das Hüftgelenk“, betont Dr. Fujak. → Wenn die Hüfte zwickt, schaue ich mir auch die Füße an, den Gang und die Beinachsen, die Wirbelsäule und natürlich die Hüftgelenke. PD Dr. Albert Fujak PD Dr. Albert Fujak ist seit über 20 Jahren in der universitären Orthopädie in Erlangen tätig; am Uniklinikum arbeitet er parallel auch in der Kinder- und Jugendklinik.

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