Gesundheit erlangen - Herbst 2023

| 23 Reportage Die Wiege der Arzneien Die Patientinnen und Patienten des Uniklinikums Erlangen werden während ihres Aufenthalts von der hauseigenen Apotheke mit Medikamenten versorgt. Doch nicht immer sind die notwendigen Arzneien im Handel erhältlich: entweder, weil die verfügbare Wirkstoffdosis nicht passt, Präparate aktuell nicht lieferbar sind oder weil die Medizin individuell zusammengestellt werden muss. Deshalb produziert die Apotheke in der Palmsanlage z. B. Salben, Kapseln, Fiebersäfte und Chemotherapie- sowie Ernährungsbeutel für die intravenöse Anwendung selbst. Die Redaktion von „Gesundheit erlangen“ war einen Vormittag lang vor Ort. Dr. Ilona Seemann, Apothekerin und Leiterin der Parenteraliaherstellung, öffnet eine der blauen Türen im ersten Stock. Dort, im sogenannten endsterilisierten Bereich, bereiten Pharmazeutisch-Technische Assistentinnen und Assistenten (PTAs) Infusions- und Injektionslösungen (= Parenteralia) zu. „Endsterilisiert bedeutet, dass die Arzneien nach der Herstellung sterilisiert werden. Dazu gehören etwa Schmerzmittel für die Intensivstationen und Blutstiller, die nach einer großen OP verabreicht werden“, erklärt Ilona Seemann. „Anstatt auf Station verschiedene Ampullen anbrechen und auf eine entsprechende Dosierung achten zu müssen, erhält das Pflegepersonal von uns ein verabreichungsfertiges Präparat.“ Alle Herstellungsstätten der Apotheke sind Reinräume, die u. a. mit speziellen Luftpartikelfiltern ausgestattet sind (s. Kasten auf S. 25). „Wir arbeiten unter streng kontrollierten Bedingungen und tragen Kleidung, die der jeweiligen Reinraumklasse entspricht“, betont die Apothekerin. Heute läuft die Produktion der blutungsstillenden Tranexamsäure in 100-Milliliter-Glasflaschen. Die zuständige PTA hat bereits die benötigten Ingredienzien in den Vorbereitungsraum geschleust und sich reinraumkonform eingekleidet: mit Haube und Mundschutz, weißem Kittel und Handschuhen. „Als Nächstes wiegt die PTA gemäß dem Herstellungsprotokoll, also dem Rezept, alle Bestandteile ab“, erläutert Dr. Seemann. Ihre Kollegin gibt die Inhaltsstoffe in einen 100-Liter-Ansatzkessel aus Edelstahl. „Unsere Grundzutat ist Wasser für Injektionszwecke, das wir aus vollentsalztem Wasser durch Destillation noch weiter aufreinigen“, sagt Ilona Seemann und deutet auf eine Rohrleitung, die von der Aufbereitungsanlage nebenan durch die Wand bis zum Kesselanschluss führt. Dort werden die Substanzen verrührt, ein Fühler überprüft dabei u. a. die Temperatur. Die Apothekerin nimmt eine kleine Probe des Ansatzes heraus und ermittelt u. a. Dichte und pH-Wert. „In-Prozess-Kontrollen sind bei der Arzneimittelherstellung sehr wichtig. Erst wenn die Freigabe von einer Apothekerin oder einem Apotheker erteilt ist, darf das Präparat abgefüllt werden.“ Automatische Abfüllstation Ein paar Schritte weiter wartet schon die automatische Abfüllstraße, wo frisch gespülte Fläschchen → ARZNEIMITTELHERSTELLUNG Die Apotheke des Uniklinikums Erlangen produziert nicht nur in Zeiten von Lieferschwierigkeiten selbst Medikamente – auch spezielle, teils patientenindividuelle Zubereitungen wie Schmerzmittel, Immuntherapien und Ernährungsbeutel für Frühchen sind Teil des Tagesgeschäfts. Ein Besuch. VON ALESSA SAILER

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