Gesundheit erlangen - Herbst 2023

| 29 Medizin Noch vor ein paar Jahren war Endometriose den wenigsten Menschen überhaupt ein Begriff. „Inzwischen wird das Thema bei den Patientinnen, in den Medien und in der Politik erfreulicherweise zunehmend präsenter, sodass das gesellschaftliche Bewusstsein für die Erkrankung wächst“, sagt PD Dr. Stefanie Burghaus, leitende Oberärztin der Frauenklinik und Koordinatorin des Universitäts-Endometriosezentrums Franken am Uniklinikum Erlangen. Ein wichtiger Auslöser für diese positive Entwicklung war ein im vergangenen Jahr veröffentlichtes Video des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, in dem er erklärte, dass Endometriose kein Frauenproblem, sondern ein gesellschaftliches Problem sei. Im Zuge dessen stellte er einen nationalen Plan zur Verbesserung der Diagnostik, Behandlung und Erforschung von Endometriose vor. Wenige Monate später bewilligte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags fünf Millionen Euro für die Endometrioseforschung im Jahr 2023. Ab 2024 soll diese Förderung noch einmal erhöht werden. „Das ist schon mal ein guter Anfang, aber noch ausbaufähig. Denn mit etwa zwei Millionen betroffenen Personen in Deutschland ist die Endometriose nicht nur die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, sondern auch eine Volkskrankheit“, betont die Erlanger Expertin. Die Symptome reichen von starken krampfartigen Schmerzen während der Menstruation über chronische Unterbauchschmerzen bis hin zu Beschwerden beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr. Ausgelöst werden sie durch gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe, das sich an Stellen außerhalb der Gebärmutter ansiedelt und dort im Lauf des hormonellen Zyklus wächst und blutet. Dadurch kann es zu Vernarbungen und bleibenden Schäden an Organen kommen. „Die Endometrioseherde sind vor allem im kleinen Becken am Bauchfell und an den Eierstöcken. Sie kommen aber auch in der Muskulatur der Gebärmutter und selten am Zwerch- oder Brustfell vor“, erklärt Dr. Burghaus. Es gibt verschiedene Theorien, warum manche Frauen Endometriose bekommen und andere nicht. Zu den Risikofaktoren gehören eine frühe erste Regelblutung und eine hohe Anzahl an Menstruationszyklen. „Früher haben Frauen nicht so viel menstruiert, mittlerweile werden wir älter, haben weniger Kinder und damit mehr Menstruationszyklen. Außerdem spielen genetische, immunologische und ernährungsbedingte Faktoren eine Rolle“, sagt Dr. Burghaus. Hormone nicht verteufeln Heilen lässt sich Endometriose bisher nicht. „Als chronische Erkrankung muss sie entsprechend mit einer längerfristigen Schmerz- und einer Hormontherapie behandelt werden“, erklärt die Gynäkologin. Wenn die Schmerzen durch Hormone bzw. Medikamente nicht besser werden, ein unklarer Befund vorliegt oder es zu Organveränderungen wie einer Darm- oder Harnleiterinfiltration kommt, rät Dr. Burghaus ihren Patientinnen zu einer Operation, bei der die Endometrioseherde entfernt werden, sowie zu einer anschließenden ergänzenden Hormontherapie. „Unterzieht sich eine Patientin direkt einer hormonellen Therapie und merkt, dass es ihr damit gut geht und sich die Schmerzen verringern, lässt sich eine OP aber vermeiden“, so die Gynäkologin. „Leider lehnen aber viele Patientinnen eine Hormontherapie zunächst kategorisch ab. Natürlich kann jede Medikation unerwünschte Nebenwirkungen haben. Aber mit einer Erkrankung, die unter anderem zu Organveränderungen und starken Lebenseinschränkungen führen → Als chronische Erkrankung muss sie entsprechend mit einer Schmerz- und einer Hormon- therapie behandelt werden. PD Dr. Stefanie Burghaus

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